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# taz.de -- Kaczynski-Affäre: Die unendliche Kartoffel
> Polens Staatsanwaltschaft ermittelt noch immer in Sachen taz-Satire -
> ohne Rechtshilfe aus Deutschland.
Bild: Will mit Kartoffeln nichts zu tun haben: Polens Präsident Lech Kaczynski.
WARSCHAU taz Die "Kartoffelaffäre" ist noch nicht beendet - zumindest nicht
für die Warschauer Bezirksstaatsanwaltschaft. "Wir ermitteln weiter",
erklärt Pressesprecherin Katarzyna Szeska. Doch die Erfolgsaussichten, den
Autor der taz-Satire "Polens neue Kartoffel" vor Gericht zu stellen, sind
gering.
Vor genau einem Jahr hatte Peter Köhler mit dem Porträt des polnischen
Staatspräsidenten Lech Kaczynski eine Staatsaffäre zwischen Polen und
Deutschland ausgelöst. Lech Kaczynski sagte daraufhin ein Gipfeltreffen mit
dem französischen Präsidenten und der deutschen Kanzlerin ab. Merkel sollte
sich von dem Artikel in der taz-Satireserie "Schurken, die die Welt
beherrschen wollen" distanzieren. Polens Außenministerin Anna Fotyga
verglich die taz mit dem antisemitischen Hetzblatt Der Stürmer und
Przemyslaw Gosiewski, Fraktionschef der regierenden "Recht und
Gerechtigkeit" (PiS), fragte beim Justizminister an, ob es sich nicht um
ein Staatsverbrechen handle: Beleidigung des Präsidenten. Artikel 135,
Paragraf 2 des polnischen Strafgesetzbuchs sieht dafür eine Haftstrafe von
bis zu drei Jahren vor.
Die Bitte um Rechtshilfe an die Berliner Senatsverwaltung für Justiz wurde
abgelehnt. "Am 4. Januar 2007 ging bei uns das Schreiben raus", versichert
eine Mitarbeiterin. Satiren auf Politiker seien in Deutschland nicht
strafbar. "Wir haben daher das Rechtshilfeersuchen im Einvernehmen mit den
übergeordneten Behörden abgelehnt."
Doch obwohl der Bezirksstaatsanwaltschaft in Warschau die Berliner Antwort
längst vorliegen müsste - "Die Erledigung des Ersuchens ist wegen der von
der Verfassung für die BRD geschützten Pressefreiheit nicht möglich" -
lässt sie die polnische Öffentlichkeit weiter im Glauben, dass die deutsche
Seite in Kürze die verantwortlichen taz-Redakteure verhören könnte.
Einem Journalisten der Polnischen Nachrichtenagentur PAP, antwortete
Pressesprecherin Katarzyna Szeska auf die Frage, ob die Aussagen der
Verantwortlichen inzwischen vorlägen, dass die Ermittlungen nach wie vor
liefen. Als dann wiederum die taz nachfragte, warum die Ablehnung des
Rechtshilfeersuchens verschwiegen werde, dauerte es fast drei Tage bis zur
Antwort: "Wir informieren höflich, dass die Ermittlungen andauern und die
Staatsanwaltschaft mit Rücksicht auf deren positiven Fortgang weder eine
Information über konkrete Maßnahmen und Schritte erteilt, die bereits
erfolgten, noch über diejenigen, die noch geplant sind."
Da die Berliner Staatsanwaltschaft den Satireautor Peter Köhler nicht
verhören wollte, versuchten es die Warschauer mit einer Vorladung in die
polnische Hauptstadt. Köhler aber, der keine Festnahme wegen der
"Kartoffelsatire" riskieren wollte, erschien nicht. Dabei wäre ein
Freispruch vor einem polnischen Gericht durchaus denkbar. Vor Kurzem wurde
Polens berühmtester Obdachloser "Hubert" vom Vorwurf der
Präsidentenbeleidigung freigesprochen.
Ob die Warschauer Staatsanwaltschaft nun einen Europäischen Haftbefehl
wegen Beleidigung des polnischen Staatspräsidenten als Kartoffel rausgibt
oder das Verfahren einstellt, will Pressesprecherin Katarzyna Szeska nicht
sagen - nur so viel: "Die Ermittlungen dauern an."
28 Jun 2007
## AUTOREN
Gabriele Lesser
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