# taz.de -- Diplomatie: Brüssels neuer Mann in Sarajevo | |
> Miroslav Lajcák tritt am 1. Juli das Amt des Hohen Repräsentanten der | |
> Internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina an. Wer ist er | |
> eigentlich? | |
Bild: Buchhalter? Nein, Miroslav Lajcak, neuer hoher Repräsentant | |
Die Leute im Café Lora in Sarajevo schauten sich verdutzt an, als die | |
Nachricht über das Fernsehen kam: Der neue Hohe Repräsentant der | |
internationalen Gemeinschaft, der am 1. Juli sein Amt antritt, sei der | |
Slowake Miroslav Lajcák. Das Porträt auf dem Bildschirm zeigte einen Mann | |
mit wenig ausgeprägten Zügen und fleischigen Wangen. Mit dem Satz "Der | |
sieht doch wie ein Buchhalter aus" erntete ein Gast Gelächter. Wieder | |
schien das in Sarajevo herrschende Vorurteil bestätigt, die Internationale | |
Gemeinschaft schicke nur zweitklassige Diplomaten nach Bosnien und | |
Herzegowina. | |
Nach der Enttäuschung mit dem hoffnungsvoll aufgenommenen Christian | |
Schwarz-Schilling ist die Stimmung gegenüber dem Neuen zurückhaltend und | |
eher negativ. Doch der am 20. März 1963 in Poprad geborene Slowake ist | |
trotz seines relativ jugendlichen Alters in der internationalen | |
Gemeinschaft kein unbeschriebenes Blatt. Als junger Mann noch in der | |
Tschechoslowakei ins Außenministerium berufen, begann er seinen Aufstieg | |
mit der Unabhängigkeit der Slowakei. | |
Der Vater von zwei Töchtern wurde 1993 hoher Diplomat der jungen Republik | |
in Moskau, war ab 1994 in der slowakischen Regierung Direktor des | |
Kabinetts, auch Botschafter in Japan und von 2001 bis 2005 in Jugoslawien, | |
der späteren Föderation Serbien und Montenegro. In Personalunion war er | |
zudem für Albanien zuständig und wurde Sondergesandter seiner Regierung auf | |
dem Balkan. | |
Das ebnete ihm den Weg nach Brüssel. Lajcák wurde 2005 EU-Vermittler im | |
Konflikt zwischen Serbien und Montenegro, der 2006 mit der Unabhängigkeit | |
Montenegros endete. Noch heute gilt er als enger Mitarbeiter des spanischen | |
EU-Außenpolitikers Javier Solana. | |
Seine ersten Auftritte in Sarajevo waren von diplomatischer Routine | |
geprägt. Über seine Pläne als Hoher Repräsentant wollte er nichts sagen, | |
solange er nicht im Amte ist. Hohe Diplomaten in Sarajevo erklärten aber, | |
Lajcák sei bei den internen Vorgesprächen überrascht gewesen, wie | |
kompliziert die Lage in Bosnien und Herzegowina sei. | |
Dass er im Gegensatz zu seinen Vorgängern fließend Serbisch, Kroatisch und | |
Bosnisch spricht, kommt in Bosnien gut an. Selbst im Café Lora. Doch die | |
Lästermäuler haben weitere Haare in der Suppe entdeckt. Lajcák stamme aus | |
einem Land, das nicht als Ausbund demokratischer Verhältnisse gelte, wo es | |
nationale Konflikte zwischen Slowaken und Ungarn gebe. Weil der Slowake | |
Botschafter in Belgrad war, vermuten sie Sympathien für die Serben. Doch | |
der Neue weist solche Unterstellungen scharf zurück. Als Hoher Repräsentant | |
sei er für alle da. | |
29 Jun 2007 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
Erich Rathfelder | |
## TAGS | |
Bosnien und Herzegowina | |
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