# taz.de -- Rechte Gewalt: Neonazis greifen Zug nach Rostock an | |
> Rechte lauerten linken Demonstranten im Zug auf. Sie waren auf dem Weg | |
> zum Protest gegen einen rechten Szene-Shop verprügelt. NPD-Prominenz | |
> reiste im selben Zug | |
Bild: Linke Demo gegen Rechts in Rostock am Wochenende | |
## Neonazis greifen Zug nach Rostock an | |
## Demonstranten auf dem Weg zum Protest gegen rechten Szene-Shop | |
verprügelt. NPD-Politiker im selben Zug | |
ROSTOCK taz Zwischen aufgestellten Tischen mit Süßigkeiten spielen Kinder. | |
So fröhlich sind die Eltern nicht. Sie schimpfen beim Kaffee "auf den | |
Neonaziladen". 2.000 Menschen demonstrierten am Samstag in Rostock gegen | |
einen NPD-Aufmarsch im alternativen Viertel Kröpeliner-Tor-Vorstadt. Die | |
Partei wollte "nationale Solidarität" für einen Laden zeigen, der inmitten | |
des Studentenviertels Neonazi-Kleidung verkauft. Die Demonstration selbst | |
verlief friedlich. Zugeschlagen hatten die Rechtsextremen schon vorher. | |
Viele Gegendemonstranten fuhren mit dem Zug nach Rostock, in dem auch | |
Rechtsextreme und Teile der NPD-Fraktion des Schweriner Landtags saßen. | |
"Als die Bahn im Dorf Pölchow hielt, starteten rund 100 Neonazis ihren | |
offensichtlich gut vorbereiteten Angriff", sagte Tim Bleis vom Opferverein | |
Lobbi. Die rechtsextremen Schläger hätten die Fluchtwege versperrt, seien | |
in die Waggons eingedrungen und hätten dann zugeschlagen. | |
Gegendemonstranten wurden in Gruppen verprügelt, sagte eine 18-jährige, die | |
mit im Zug saß. Die Übergriffe filmten die Schläger mit Handys. Nach 30 | |
Minuten traf die Polizei ein. | |
"Ich dachte, das wars", sagte ein 20-Jähriger. Eine 19-Jährige berichtete: | |
"An den Haaren haben sie die Leute rausgezogen und weiter auf sie | |
eingeschlagen." Beide waren sichtlich erschüttert. Am Bahnhof Schwaan waren | |
die zwei mit etwa 60 Jugendlichen in die Bahn gestiegen, um in Rostock | |
gegen die NPD zu protestieren. Im Zug trafen sie auch auf rechtsextreme | |
Prominenz. Der taz-Korrespondent sah führende Funktionäre der | |
NPD-Landtagsfraktion: neben Fraktionschef Udo Pastörs auch den | |
parlamentarischen Geschäftsführer Stefan Köster und den stellvertretenden | |
Fraktionsvorsitzenden Timo Müller. Groß auffallen wollten sie bei der | |
Ankunft im Rostocker Bahnhof nicht, gerade der auf biederes Auftreten | |
bedachte Pastörs gab sich betont zurückhaltend. | |
Trotz der Ausschreitungen im Zug ließ die Polizei die NPD-Anhänger zur | |
ihrer Kundgebung durch. Lobbi-Mann Bleis wirft der Polizei vor, statt die | |
"rechten Angreifer gleich festzusetzen", zuerst bei den Opfern Personalien | |
aufgenommen zu haben. Erst in Rostock stellten die Beamten die Daten der | |
Neonazis fest. | |
Merkwürdig mutete die Informationspolitik der Polizei an: Zunächst | |
behauptete ein Sprecher, "kein Linker" sei verletzt worden. Später räumte | |
er ein, "Einzelheiten bewusst zurückgehalten zu haben, um eine Eskalation | |
in Rostock zu vermeiden". Ermittlungen gegen "17 Rechte und 37 Autonome" | |
liefen. 14 Verletzte zählte die Polizei. Dem Opferverein Lobbi liegen noch | |
keine Zahlen vor. Mehrere Personen seien bewusstlos geschlagen worden, | |
berichtet Bleis und sagt weiter: "Uns liegen auch schon einige | |
Gedächtnisprotokolle vor." Beim Marsch der Neonazis verteidigte | |
NPD-Politiker Köster die Übergriffe als "Notwehr". | |
ANDREAS SPEIT | |
2 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
Andreas Speit | |
## TAGS | |
Rechte Szene | |
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