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# taz.de -- Doping: Hehre Ziele - wenig Mittel
> Christoph Niessen, der neue Geschäftsführer der Nationalen
> Anti-Doping-Agentur, will ein Kontrollsystem, das die besten deutschen
> Athleten gezielt überprüft.
Bild: Gedopt oder nicht gedopt, das ist hier die Frage.
BERLIN taz Der Zeitpunkt des Dienstbeginns bei der Nationalen
Anti-Doping-Agentur (Nada) konnte für Christoph Niessen nicht besser sein.
Oder schlechter, das kommt auf die Betrachtungsweise an. Seit dem 1. Juli
ist der promovierte Sportwissenschaftler Geschäftsführer der Nada. Gestern
wurde er in Kreischa der Öffentlichkeit vorgestellt. Niessen konnte sich in
den ersten zwei Wochen in seinem neuen Job über mangelnde Arbeit sicher
nicht beklagen. Eine Dopingenthüllung jagte die andere. Vor allem im
deutschen Radsport. Niessen fühlt sich beinahe ein wenig getrieben von den
aktuellen Geschehnissen. Dabei möchte er viel lieber selbst die Richtung in
der Anti-Doping-Politik vorgeben.
Niessen, der neun Jahre lang als Geschäftsführer beim Sportbund Rheinland
angestellt war, macht sich keine Illusionen. Er gilt als Realist, als ein
Mann des Sports mit strategischem Weitblick in die Politik. Der neue starke
Mann der Nada spricht von vielen kleinen, aber gemeinsamen Schritten von
Sport und Politik, die für einen wirksamen Anti-Doping-Kampf vonnöten sind.
Er bezeichnet die Verabschiedung des Anti-Doping-Gesetzes im Deutschen
Bundestag "als großen Fortschritt". Im Gegensatz zu vielen anderen
Anti-Doping-Aktivisten, denen diese Gesetzesverschärfung nicht weit genug
ging. "Man muss die politischen Realitäten zur Kenntnis nehmen. Eine
vollständige Besitzstrafbarkeit wäre sicher näher an unseren
Wunschvorstellungen gewesen als dieser Kompromiss", so Niessen.
Der 38-Jährige möchte die Dopingbekämpfung der Nada nur weiter gefasst
sehen, quasi quer durch die gesamte Gesellschaft. Er ist sich sicher:
"Doping ist allein durch Gesetze nicht in den Griff zu bekommen. Aber
Gesetze sind ein wichtiger Bestandteil der Dopingbekämpfung."
Doch eine intensive Dopingbekämpfung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Die
Nada verfügt über einen bescheidenen Etat von knapp 1,9 Millionen.
Kurzfristig strebt Niessen an, diesen Etat zu verdoppeln. "Unser
Kerngeschäft ist und bleibt die Dopingbekämpfung. Aber das kostet auch
etwas", fügt Niessen an. Er klagt, dass die Bonner Nada-Verwaltungszentrale
mit ihren insgesamt nur neun Mitarbeitern für den nationalen Dopingkampf
personell nicht ausreichend besetzt ist.
Niessen hat sich dennoch ambitionierte Ziele gesetzt. Vor allem möchte er
das Dopingkontrollsystem endlich effektiver gestalten. Vom Ziel, so viele
Athleten wie möglich mit Trainingskontrollen zu überziehen, hält er nichts.
Derzeit sind rund 9.000 Athleten in Deutschland erfasst. 4.500 Kontrollen
führt die Nada jährlich durch. Niessen forciert nun einen neue
Nada-Strategie. Seit dem 1. Juli bereits werden in einem Nationalen
Testpool rund 2.000 sogenannte Topathleten erfasst und intensiver und
zeitnäher an Wettkämpfe getestet. Für die anderen 7.000 Athleten bleibt
alles beim Alten.
Niessen gilt als ein Befürworter einer internationalen Datenbank, in der
sämtliche Spitzenathleten weltweit erfasst sind. Bis spätestens zum
Jahresende sollen dann endlich auch alle deutschen Athleten des Nationalen
Testpools im internationalen System "Adams" der Welt-Anti-Doping-Agentur
(Wada) eingespeist sein. Die Sportler können dann online ihre Aufenthalts-
und Trainingsorte und -zeiten nennen, völlig unkompliziert und transparent.
Niessen: "Das würde das Kontrollsystem für alle Beteiligten deutlich
vereinfachen und das Doping erschweren."
13 Jul 2007
## AUTOREN
T. Haselbauer
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