# taz.de -- Russland: Skinheads ermorden AKW-Gegner | |
> Überfall auf ein Protestcamp gegen ein Zentrum für Urananreicherung am | |
> Baikalsee. BBU unterstützt Kampf gegen deutsche Atommülltransporte aus | |
> Gronau nach Russland. | |
Bild: Russische Faschisten haben einen weiteren Feind identifiziert: Militante … | |
MÖNCHENGLADBACH taz Russische Skinheads haben am Samstag ein Zeltlager von | |
Atomkraftgegnern in Angarsk am Baikalsee überfallen und einen Mann | |
ermordet. Die 20 Mitglieder der "Autonomen Aktion" wurden von 15 Skinheads | |
im Schlaf überrascht. Der 26-jährige Ilia Borodaenko aus dem fernöstlichen | |
Nachodka bei Wladiwostok, der am Lagerfeuer Nachtwache hielt, wurde mit | |
Schlagstöcken zu Tode geprügelt. Sieben weitere Teilnehmer mussten mit | |
Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Nach Behördenangaben wurden | |
sechs Verdächtige festgenommen. | |
Die "Autonome Aktion" kämpft gegen die Verarbeitung radioaktiver Abfälle im | |
Chemiekombinat Angarsk, gegen den Import deutschen Atommülls und gegen | |
Pläne, in Angarsk ein Zentrum für Urananreicherung zu bauen. Die russische | |
Regierung will anderen Staaten anbieten, die Anlage mitzubenutzen. | |
Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) und der Arbeitskreis | |
Umwelt Gronau forderten von den russischen Behörden die Aufklärung der | |
Hintergründe des Überfalls und die Bestrafung der Täter. Die beiden | |
Organisationen unterstützen seit Jahren den Widerstand gegen | |
Atommülltransporte von der Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau | |
in russische Atomzentren. | |
Die russische Umweltbewegung ist jedoch nicht nur klein, sie ist auch in | |
sich gespalten. So ist die grüne Partei inzwischen in der Partei Jabloko | |
aufgegangen. Umweltgruppen am Ural, wie die "Bewegung für atomare | |
Sicherheit", kämpfen mit juristischen Mitteln für einen Ausstieg aus der | |
Atomtechnik. Die Vorsitzende der Organisation, Natalia Mironowa, hatte vor | |
russischen Gerichten erfolglos versucht, den Weiterbetrieb der berüchtigten | |
Plutoniumfabrik Majak zu verhindern. Nun will sie Klage beim Europäischen | |
Gerichtshof für Menschenrechte einlegen. Dort liegt eine andere Klage vor, | |
die ein Importverbot für ausländischen Atommüll fordert. | |
Die auch in Deutschland bekannte Organisation Ecodefense kämpft mit | |
Greenpeace-ähnlichen Aktionen für den Ausstieg aus der Atomenergie. Im | |
November vergangenen Jahres erstattete Ecodefense gemeinsam mit dem BBU und | |
dem Arbeitskreis Umwelt Gronau bei der Staatsanwaltschaft Münster Anzeige | |
gegen die Urenco Deutschland. Die in Gronau ansässige Firma hatte in der | |
Vergangenheit mehrere tausend Tonnen von radioaktivem Uranhexafluorid in | |
verschiedene Städte Russlands, darunter Angarsk, exportiert. | |
Die Militanz von radikalen Gruppen wie der jetzt angegriffenen Autonomen | |
Aktion bereitet vielen russischen Umweltschützern Unbehagen. Diese | |
linksradikalen Gruppen seien zu keiner Zusammenarbeit mit anderen | |
Umweltgruppen bereit und hielten sich nicht an das Prinzip der | |
Gewaltfreiheit, so die Kritik. "Die Aktivisten der Autonomen Aktion waren | |
ausnahmslos von auswärts an den Baikalsee angereist", kritisiert Marina | |
Richwanowa, Sprecherin der Umweltorganisation Baikal-Welle. "Niemand von | |
ihnen hatte es für notwendig erachtet, mit den vor Ort tätigen | |
Umweltschützern die Aktion abzusprechen." Hätte man dieses Zeltlager besser | |
vorbereitet und im Vorfeld mit den örtlichen Umweltschützern Kontakt | |
aufgenommen, hätte die Gewalt verhindert werden können, ist sich Richwanowa | |
sicher. Die russlandweit bekannte Umweltschützerin befürchtet nun, dass die | |
Umweltbewegung mit den russischen Autonomen gleichgesetzt werde. Ein für | |
den 26. Juli geplantes Zeltlager mehrerer Umweltgruppen am Baikalsee werde | |
man nun wohl leider absagen müssen, so Richwanowa. | |
22 Jul 2007 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
Bernhard Clasen | |
## TAGS | |
Russland | |
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