| # taz.de -- Pop: Der Sommerhit ist da! | |
| > Die beste Platte der Saison: "Robyn" von Robyn. Dafür gibt es die | |
| > Repeatfunktion. | |
| Bild: Markt-Wiedereintritt mit 28 Jahren: Robin Miriam Carlsson aka Robyn. | |
| Oh mein Gott, dass es so etwas noch gibt. Einen Song, für den die | |
| Repeatfunktion geboren wurde. Der einem die Unterarmhärchen aufstellt und | |
| die Augen schwimmen lässt. Ein Stück Musik, das irgendein Organ in der | |
| Herzgegend so groß werden lässt, dass es sich fast schmerzhaft gegen die | |
| Rippen drückt. Eine richtig waschechte Pop-Perle. | |
| Die Briten haben das Wunder von "With Every Heartbeat" wieder eher | |
| begriffen - und es gleich in der ersten Woche auf Platz 5 der Single-Charts | |
| gekauft. In den iTunes-Downloadcharts liegt es da sogar schon auf Platz 2. | |
| Das englische Internetmagazin "Popjustice" wird nicht müde, seine Leser | |
| dazu anzuhalten, das Stück auf Platz 1 zu hieven. | |
| Und wünschenswert wäre das für die Sängerin Robyn, eine Schwedin, die mit | |
| ihren 28 Jahren schon an einem Punkt ihrer Karriere steht, den man als | |
| Markt-Wiedereintritt bezeichnen kann. Vor zehn Jahren nämlich war sie mit | |
| "Show Me Love", produziert von Britney-Spears-Hit-Macher Max Martin, schon | |
| einmal kurz ein internationaler Hitparaden-Star und veröffentlichte | |
| immerhin drei Alben bei Major-Plattenfirmen (kam übrigens auch in Lukas | |
| Moodyssons schönem Film "Fucking Åmål" vor, im englischsprachigen Raum hieß | |
| der Film sogar nach dem Stück). | |
| Aber bald schon fühlte sie sich in x-beliebige R-n-B-Schablönchen gepresst | |
| - "Ich habe diese Situation einfach nur gehasst" - und zog 2003 von den USA | |
| zurück nach Stockholm. Machte mit den Geschwistern Karin und Olof Dreijer | |
| (The Knife) das auch gute Stück "Whos That Girl". Bekam vom Label einen | |
| Korb dafür - und hatte die Schnauze endgültig voll. Robin Miriam Carlsson | |
| kaufte sich aus ihrem Vertrag heraus und nahm dann ihr erstes richtig | |
| eigenes Album auf. In Schweden kann man das schon seit zwei Jahren kaufen, | |
| in Deutschland und England wurde es erst jetzt veröffentlicht. | |
| "Robyn" präsentiert die liebenswerteste Mainstream-Mucke der Saison. Beats | |
| zwischen Hiphop, RnB, Eurodance und Eighties-Pop, dicke Bässe, zwirbelnde | |
| Synthies, Akustikgitarren, Rasseln, Handclaps und dazu ihr itchybitchy | |
| Stimmchen, das schicke Refrains raushaut: "My style is di bom digi bom di | |
| deng di deng digigi." Oh, macht das Spaß! Das ist verspielt und in den | |
| Texten auch immer schön contra die ewiggleichen Frauenrollen im | |
| Popgeschäft. Klingt mal nach Peaches, mal nach Madonna, mal nach Prince, | |
| mal nach Sabrina ("Boys", 1987). Vier veritable Hits sind dabei. | |
| Und im Fall von "With Every Heartbeat" auch ein gerüttelt Maß an | |
| Top-Traurigkeit. Da singt Robyn davon, dass mans immer wieder probiert, | |
| aber sich die Dinge trotzdem nie ändern, dass man deswegen besser nicht | |
| zurückblickt und immer schön einen Schritt vor den anderen setzt. Was für | |
| eine Dramaturgie: Die Strophe ein einziges großes Trance-Intro, mit | |
| drängender, aber noch verhaltener Bassdrum und ephemeren Synthie-Flächen. | |
| Dann die Bridge: nur die Streicher, die Vorhut eines ganz großen Finales, | |
| das dann sehr bemerkenswert daherkommt. Zehn Mal, fünfzehn Mal wiederholt | |
| Robyn die Textzeile "And it hurts with every heartbeat", dazu perlen | |
| wundervollste Synthie-Arpeggios. Und cest ça. Es ist aus. Viel zu früh, | |
| viel zu wenig ausbuchstabiert, mit immer noch so viel uneingelöstem | |
| Schönheits-, Schmacht- und Glücksversprechen. Da tut einem das Herz in der | |
| Brust weh und man muss das Stück noch mal hören. Und noch mal. Für | |
| Zwischendurch sei noch das Video zum Stück empfohlen, das sich bei YouTube | |
| anschauen lässt. Darin läuft Robyn rückwärts in sehr spitzen | |
| Lederschnürschuhen und wird am Ende von über ihr einstürzenden | |
| Holzbausteinen erschlagen. Auch das ist sehr traurig. | |
| Robyn: "Robyn" (Konichiwa Records/Ministry of Sounds) | |
| 13 Aug 2007 | |
| ## AUTOREN | |
| Kirsten Riesselmann | |
| Kirsten Riesselmann | |
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| Schwerpunkt Rassismus | |
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