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# taz.de -- Tony Wilson: Er war Manchester
> Am Samstag ist Tony Wilson gestorben, der Betreiber von Factory Records
> und legendärer Musik-Impresario.
Bild: Aciiied: Raver in Schlabberklamotten in der Hacienda/Manchester, 1989
In Zyklen erinnert man sich an die goldenen Zeiten von Manchester als
Musikstadt. Spiritus Rector hinter all diesen Mythen war Tony Wilson.
Legenden, an denen er kräftig mitgearbeitet hat. Erst vor fünf Jahren
veröffentlichte er mit seinem Buch "24 Hour Party People" eine Art
Autobiografie, die auch Vorlage für Michael Winterbottoms gleichnamigen
Film war.
Er war es, der Anfang der Achtziger, als auf Punk Postpunk folgte und statt
drei Akkorden Experimente mit Dub und Soul zählten, die zerfallende
Industriestadt Manchester als Gegenpol zum allmächtigen London ausbaute.
Neben Mute und Rough Trade leitete er mit Factory eines der drei
einflussreichsten Independent-Labels, die sich im Zuge der
Alles-auf-Anfang-Stimmung nach Punk etabliert hatten. Mute wurde vor kurzem
für zig Millionen an einen Plattenkonzern verkauft - Factory ging Ende der
Neunziger traurig pleite.
Tony Wilson war eben Visionär, Ästhet, Hedonist, Dandy und kompromissloser
Kauz, aber kein Geschäftsmann. Wenn es der Sache diente, konnte er auf das
Geldverdienen verzichten, und man erzählt sich immer noch gerne die
rührende Geschichte, dass die Maxi "Blue Monday" von New Order zwar zur
erfolgreichsten aller Zeiten wurde, aufgrund ihres aufwändig gestalteten
Covers dem Label jedoch nur Verluste bescherte.
Zusammen mit Produzent Martin Hannett und dem Grafikdesigner Peter Saville
bildete Wilson die Dreifaltigkeit, die den Manchester-Sound prägte. Anfangs
war dieser kühl und dunkel, Joy Division, Section 25 und A Certain Ratio
erinnerten an Impressionen zerfallener Fabrikgebäude, in denen man sich
verlieren konnte, wie in den markanten Hallräumen, mit denen Hannett jede
seiner Produktionen versah. Saville verpackte die Platten in Cover, die
sich in reiner Ästhetik ergingen, Bauhaus zitierten und in nie gekannter
Radikalität den visuellen Genuss über die Produktinformationsaufgabe eines
Plattencovers stellten. Lieber im großen Stil scheitern, als Kompromisse
einzugehen, schien das Lebensmotto von Tony Wilson gewesen zu sein.
Wie seinem Label erging es Ende der Neunziger auch seinem Club Hacienda: Er
war legendär, aber es ging einfach nicht mehr. Mafiöse Strukturen hatten
sich breit gemacht, man hatte mit massiven Drogenproblemen zu kämpfen. Ende
der 80er hatte die Hacienda den Ruf des vielleicht glamourösesten, ganz
sicher aber des musikalisch aufregendsten Clubs der Welt. Rock und Dance
verschwammen im "Madchester"-Sound dieser Tage ineinander, schwarze und
weiße Kultur gingen jede Partynacht erneut ineinander über.
Am Samstag ist Wilson an den Folgen eines Herzinfarkts als Folge eines
Nierenkrebsleidens in Manchester - wo sonst? - verstorben. Er wurde 57
Jahre alt.
15 Aug 2007
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Manchester
Manchester
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