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# taz.de -- Kreaturen, die die Welt nicht braucht: Der hochaktive Blutsauger
> Blutsaugen und dann auch noch mit Hirnhautentzüdung infizieren - Europas
> bekannteste Zeckenart, der Gemeine Holzbock, ist ein richtig fieser
> Parasit.
Bild: 99 Prozent seines Lebens verbringt der Gemeine Holzbock mit Lauern und Wa…
BERLIN taz Zuerst tastet er sorgfältig die Haut ab, sucht sich eine
geeignete Stelle und reißt mit seinen scharfen Zähnen ein kleines Loch.
Dorthinein schiebt er sein Mundwerkzeug, das mit etlichen Widerhaken
besetzt ist und ihn vom Herausrutschen rettet. Jetzt ist er sicher
verankert und das eigentliche Vergnügen kann beginnen: Blutsaugen. Wenn's
geht, mehrere Tage lang. Nein, es geht nicht um Vampire, sondern um die
bekannteste Zeckenart Europas, den Gemeinen Holzbock.
Der Gemeine Holzbock ist ein Parasit und gehört zur Klasse der Spinnentiere
sowie zur Familie der Milben. Und der Name ist Programm: Er ist nämlich
eine höchst unangenehme Kreatur. Sein Leben besteht zu 99 Prozent aus
Warten und Lauern. Er sitzt meist in einer Höhe von ungefähr eineinhalb
Metern in einem Busch oder auf einem Grashalm, scannt die Umgebung und
hofft, dass eine unwissende Person in kurzen Hosen vorbeikommt. Dann lässt
er sich fallen, krallt sich fest und krabbelt los: Dorthin, wo die Haut des
Wirts warm und feucht und gemütlich ist. Deshalb finden sich diese
ungeliebten Wegbegleiter gerne in den Kniekehlen, der Leistengegend, am
Haaransatz oder hinter den Ohren ihrer Opfer.
Der Gemeine Holzbock, im Fachjargon auch Ixodes ricinus genannt, besitzt
unglücklicherweise eine große Trumpfkarte bei seiner Jagd. Es ist das
Haller'sche Organ, vergleichbar mit unserer Nase, und sitzt ganz unten an
dem vordersten Beinpaar. Mit diesem Riechorgan erkennt er alle Spuren, die
einen potenziellen Nahrungs-Kandidaten ankündigen. Egal ob
Kohlenstoffdioxid und Stickstoff aus dem Atem, Ammoniakspuren aus dem Urin
oder Butter- und Milchsäure aus dem Schweiß - die Zecke nimmt alles wahr.
Auch geringste Temperaturerhöhungen und Vibrationen bleiben dem Holzbock
nicht verborgen. Kindliche Entdeckungstouren durch Wald und Wiesen,
Sonnenbaden auf dem Rasen sind gefährlich: Nirgends ist man vor dem Parasit
sicher. Und das ist nicht alles: Da geben wir ihm unser Blut - und was
bekommen wir zum Dank?
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Borreliose, Babesiose oder
Tularämie. Am Bekanntesten ist FSME, eine bisher unheilbare Viruserkrankung
mit grippeähnlichen Symtomen und Fieber, die oftmals mit einer Entzündung
der Hirnhäute verläuft. Bei der Lyme-Borreliose handelt es sich um eine
Infektionskrankheit, die durch Borrelia burgdorferi ausgelöst wird, einem
Erreger, der im Darm der Zecke lebt. Wird er übertragen, gelangt er über
den Blutkreislauf in den gesamten Organismus und befällt jedes Organ, das
Nervensystem, die Gelenke und das Gewebe. Der Gemeine Holzbock lauert vor
allem im Süden und der Mitte Deutschlands.
Derzeit weist das Robert-Koch-Institut 129 Risikogebiete aus - das sind 33
mehr als 2006. Davon befinden sich rund 70 in Bayern, 40 in
Baden-Württemberg, in Hessen und Thüringen knappe 10, hinzu kommt ein
Landkreis in Rheinland-Pfalz. Und der Begriff "Risiko" sollte ernstgenommen
werden: Durch den milden Winter sind die Zecken aktiver denn je und damit
auch eine ganzjährige Bedrohung. Dershalb sind jetzt auch Wissenschaftler
des Landesgesundheitsamtes und der Universität Hohenheim aus
Baden-Württemberg zu dem Schluss gekommen: Der Holzbock muss weg. Sie
wollen die Zecken-Population radikal verringern, Schimmelpilze sollen dabei
helfen. Bisher ist es den Forschern gelungen, zumindest die Larven des
Spinnentieres mit den Pilzsporen zu töten. Damit aber nicht genug: Ziel des
Projekts ist es, auch erwachsene Holzböcke infizieren und verschimmeln zu
können. Dann könnten wir endlich wieder unbefangen barfuß durch Wiesen und
Wälder stromern und den Sommer genießen.
17 Aug 2007
## AUTOREN
Julia Langensiepen
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