# taz.de -- Disney: Schwarz-Weiß in bunten Farben | |
> Erstmals will Disney in "The Frog Princess" eine maximal pigmentierten | |
> Hauptfigur schaffen. Unklar ist, ob die Trickfilmer auch mit | |
> manifestierten Rollenbildern brechen werden. | |
Bild: Bisher war Disney das Reich der Weißen und Schönen. | |
Disney malt lustige Filme mit schönen bunten Farben. Und es gibt immer | |
wieder Menschen, die finden, Disney würde die Leute verblöden. Denn da sind | |
zum Beispiel die Disney-Prinzessinnen: Alle sind schön, kuhäugig und die | |
meisten auch ein wenig dämlich. Die meiste Zeit über warten sie auf ihren | |
Prinzen, der sie rettet. | |
Dann sind da die sprechenden Tiere, die eigentlich gar keine Tiere sind, | |
sondern Menschen in Tiergestalt, wogegen an sich wenig zu sagen wäre. Aber | |
die Disney-Tierfilme sind auch ein Beleg dafür, dass Disney trotz der | |
schönen bunten Farben eigentlich in der Regel Schwarz-Weiß-Produktionen | |
macht. Da ist der süße kleine gute Fisch (in "Arielle") und der listige | |
gute Fuchs (in "Robin Hood"), die fiese Hyäne (im "König der Löwen"), die | |
böse Schlange und der behäbige gute Bär (im "Dschungelbuch"). Bär, Fuchs | |
und Fisch - weiß. Schlange und Hyäne - schwarz. Es gibt nur Gut oder Böse | |
bei Disney. Und meistens sind die Rollen klar verteilt. Disneyfilme gelten | |
bis heute vielen als Arbeiter für eine reaktionäre Identitätspolitik. | |
Auf racialicious.com, einem Blog, das sich mit Rassismus und Popkultur | |
befasst, kritisiert Latoya Peterson, die "generelle Weißheit der | |
Disney-Prinzessinnen", die infrage gestellt werden müsse, so wie Barbie als | |
Schönheitsideal infrage zu stellen sei. | |
2009 aber soll nun ein neuer Disney-Film erscheinen, Arbeitstitel: "The | |
Frog Princess" - und schon jetzt ranken sich ausführliche Diskussionen | |
darum. Denn darin ist vieles offenbar anders. Möglicherweise - und das ist | |
Gegenstand der Diskussionen - aber auch gerade nicht. | |
Maddy soll die Hauptperson heißen, es handelt sich um eine maximal | |
pigmentierte junge Frau - und sie ist die Gute. Endlich eine Disney-Figur, | |
die wie sie aussehe, jubelt Bloggerin Afrobella. "Maddy is great news", | |
schreibt sie, denn sie sei "die erste African-American animierte Prinzessin | |
in der Disney-Geschichte". Der Film, so Afrobella, rücke das | |
Animationsstudio, das in der Vergangenheit des Rassismus bezichtigt wurde, | |
in ein helleres Licht. | |
Die Vorwürfe, die es immer wieder gab, scheinen nicht unbegründet: Die | |
guten menschlichen Hauptcharaktere bei Disney, die nicht hellhäutig sind, | |
sind - in knapp 50 Zeichentrickfilmen - an eineinhalb Händen abzählbar: | |
Pocahontas aus dem Ureinwohnerland (die verdächtig dem westlichen | |
Schönheitsideal entsprach), Aladdin und Jasmin in "Aladdin", beide aus | |
einem kulturellen Raum, der im Film als Handabhackerregion dargestellt | |
wird, die Chinesin Mulan oder Mowgli aus dem "Dschungelbuch". | |
Den dunkelhäutigen Sklaven Onkel Remus in der Realfilm-/Trickfilmmischung | |
"Onkel Remus' Wunderland" (1946) gibt es auch noch, aber er ist eine reale | |
Figur, die im Film Geschichten erzählt, die dann als Zeichentrick | |
präsentiert werden. Das Problem bei Remus ist: Er ist im Film doch recht | |
dämlich. Im "Lexikon des internationalen Films" heißt es über "Onkel Remus' | |
Wunderland": "Ein aus einer Mischung von Trick- und Realszenen bestehender | |
Film der Disney-Studios, der in der Rahmenhandlung oft | |
oberflächlich-kitschig und in seinem klischeebeladenen Bild der Schwarzen | |
und der Sklaverei problematisch ist." | |
Und Disney geriet selbst dann in die Kritik, wenn einmal ein dunkelhäutiger | |
Junge wie Mowgli (der dafür ziemlich hellhäutig ist) der Held war: Mowgli | |
sagt im "Dschungelbuch" einmal zu Balu, dem Bären, sie könnten nicht | |
zusammenbleiben, jede Spezies müsse für sich leben. Die kulturelle Dynamik | |
des Zusammenwachsens, die man im "Dschungelbuch" notfalls entdecken kann, | |
entpuppte sich an dieser zentralen Stelle dann doch als für Disney offenbar | |
irrelevant gegenüber biologischen Kriterien. | |
"The Frog Princess" nun werten US-amerikanischen Zeitungen wie The | |
Independent als Versuch Disneys, sich von den alten Vorwürfen | |
reinzuwaschen. Andere aber, vor allem Weblogger, sehen diesen Versuch | |
bereits vorab als gescheitert an. Sie sehen im Film erneut das plakative | |
Interpretationsschema angewandt, für das der Konzern steht: Die schwarze | |
Maddy soll eine Zofe sein, die von einem hellhäutigen Prinzen vor einem | |
schwarzen Voodoo-Priester gerettet wird. Sollte diese Geschichte | |
tatsächlich so erzählt werden, wäre der Film ein weiterer Disney-Klassiker: | |
schön bunt. Und erstaunlich blöd. | |
Interessant an der Debatte ist allerdings, dass das Drehbuch angeblich noch | |
gar nicht fertig ist. Im Zuge der Diskussionen wurden, von der Kritik | |
sicher nicht ganz unbeeinflusst, sowohl der Filmtitel in "The Princess and | |
the Frog" als auch vor allem die Figur der Zofe Maddy (ein typischer Name | |
für Menschen mit niederem sozialem Status) in Prinzessin Tiana (sic!) | |
umgeändert, wie USA Today berichtete. | |
Disney will offenbar am eigenen Image arbeiten. Bis heraus ist, ob das | |
gelingt, bleibt die Befürchtung, dass einmal mehr nur gefährliche Klischees | |
manifestiert werden. Und es bleibt Marlene Wurfels Essay im Z Magazin, in | |
dem sie über Disney-Produktionen schreibt: "Hast du keine weiße Haut, | |
kannst du eine Prinzessin ,in deinem eigenen Land' sein - oder du kannst | |
dich anpassen." Aber immerhin, so Wurfel, könne man dann ja immer noch ein | |
hübsches Liedchen darüber singen. | |
24 Aug 2007 | |
## AUTOREN | |
Klaus Raab | |
## TAGS | |
Disney | |
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