# taz.de -- Doku: Wohlfühlprodukt Ostpunk | |
> In dem Film "Too much future" erzählen frühere DDR-Punks. Nur: Wer will | |
> wissen, wie sich ehemalige Rebellen heute mit dem Alltag arrangiert | |
> haben? | |
Bild: Das Leben etwas aufregender machen: DDR-Punks | |
Jetzt fehlt eigentlich nur noch das Musical oder eine Theaterinszenierung | |
an der Berliner Volksbühne. Dabei schafft es diese Dokumentation von | |
Carsten Fiebeler und Michael Boehlke schon nicht mehr, dem bereits | |
vorgezeichneten Bild von Punk als Selbstermächtigungsstrategie zur | |
Dissidenz in einem Unrechtsstaat irgendetwas Substanzielles hinzuzufügen. | |
Ein paar Szeneveteranen von damals erzählen vor laufender Kamera nochmals | |
davon, wie sich das Leben in der DDR angefühlt und wie Punkrock das Leben | |
etwas aufregender gemacht hat. Mehr ist da nicht. Kaum Footage aus der | |
Szene haben die Filmemacher Carsten Fiebeler und Michael Boehlke | |
zusammengetragen, weil die Archive da angeblich zu wenig hergeben, aber | |
auch wie es in der DDR ausgesehen haben mag mit ihrem Muff, gegen den man | |
rebelliert hatte, das muss man sich stets dazudenken, wenn die paar | |
ehemaligen DDR-Punks zu ihren endlosen Tiraden ansetzen. | |
All das, was sich in Ausstellung und Buch zu einem vielschichtigen Bild von | |
Ostpunk zusammensetzt, der von der Stasi überwacht und unterwandert wurde | |
und der eine ganz andere Entwicklung als Punk im Westen durchlief, | |
verflüchtigt sich in einem Film. Irgendwann geht der Film auch noch dazu | |
über, sich mehr dafür zu interessieren, was aus den Punks im Sozialismus | |
denn nun für Ex-Punks im Kapitalismus geworden sind. Und an dieser Stelle | |
wird es naturgemäß richtig gruselig. Der eine fährt heute Harley, der | |
andere hat tattoomäßig so richtig zugelegt, man gibt auch als ehemaliger | |
Punk heute seiner Ehefrau Kosenamen und versucht, im Fitnessstudio etwas | |
gegen die Wampe zu tun. | |
Nur: Wer will so genau wissen, wie sich ehemalige Rebellen heute mit dem | |
Alltag arrangiert haben? Bei der Vorabpremiere des Films in einem Berliner | |
Freiluftkino anscheinend so einige. Dort war die Stimmung bestens, und die | |
ehemaligen Musiker von Bands wie Wutanfall, Schleimkeim, Planlos und | |
Betonromantik wurden begeistert begrüßt und mit grölendem Szenenapplaus | |
bedacht. | |
Ostpunk scheint also langsam reif dafür zu sein, neben Ampelmännchen und | |
Spreewaldgurken ein weiteres Wohlfühlprodukt für den DDR-Nostalgiker zu | |
werden. Vielleicht sollte man an dieser Stelle nun auch den ehemaligen | |
Ostlern einfach mal klarmachen: Punk ist tot. | |
24 Aug 2007 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
## TAGS | |
Punk | |
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