Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lebensmittelkonzerne: Grüne Männer von Mars
> Der Konzern "Masterfoods" (Snickers, usw.) nennt sich neuerdings "Mars" -
> und wirkt wie eine missionarische Außenstelle des
> Verbraucherschutzministeriums.
Bild: Gibt dem Konzern seinen Namen.
Raider heißt Twix, und zwar schon seit einiger Zeit. Ab heute aber wird der
Süßwarenkonsument mit einer weiteren Umbenennung konfrontiert. Nicht eine
Markenbezeichnung wird verändert, sondern gleich der ganze Firmenname. Die
Masterfoods-GmbH Deutschland - zuständig für Leckerlis wie Twix, Snickers,
Milky Way, Balisto, Bounty, Whiskas, Frolic und Kitekat sowie die
artverwandten Produkte Catsan-Katzenstreu und Uncle-Bens-Reis - wird ab
sofort heißen wie das Stück Zucker, mit dem in Deutschland 1961 alles
begann: Mars.
Mit der Umbenennung wolle man, so Firmensprecher Fritz Schröder-Senker,
"Kontinuität in der Firmenpolitik des US-Mutterkonzerns", eines
Familienbetriebes aus Virginia, dokumentieren. "Eine einheitliche
Unternehmensmarke hilft uns, das Vertrauen und Wohlwollen, das wir uns mit
unseren weltweit bekannten und geschätzten Produkten erarbeitet haben,
weiter auszubauen und zu festigen", erläutert auch Mars-Chef Paul S.
Michaels die Entscheidung.
Mit dem Namenswechsel will man natürlich vor allem das Image aufhübschen:
Nicht, dass das Wort "Master" zu sehr an die Südstaatenvergangenheit des
ehemaligen Sklavenhalterlandes Virginia erinnert. Es geht eher um den
ernährungspolitischen Ruf des Unternehmens.
Hierfür wurde vor einem halben Jahr der grüne Ex-Staatssekretär im
Verbraucherschutzministerium, Matthias Berninger, verpflichtet. "Herr
Berninger prägt von seinem Arbeitsplatz in Brüssel die aktuelle europäische
Mars-Ernährungsstrategie entscheidend mit", erklärt Schröder-Senker: "Aber
natürlich steht er nicht allein für die neue Ausrichtun." Es gibt also noch
mehr grüne Männer von Mars.
Insgesamt lesen sich die Maßnahmen wie ein Künastsches Wahlprogramm.
Kommendes Jahr wolle man seine Werbung nicht mehr an unter 12-Jährige
richten. Wenn dies bei anderen Unternehmen Schule macht, wird "Der rosarote
Panter" demnächst ohne Werbeunterbrechung zu sehen sein. Auch werden die
Schokoriegel in kleiner portionierbaren Einheiten angeboten. Statt der
monströsen, 80 Gramm schweren King-Size-Marsriegel wird es bald nur noch
winzige Häppchen geben. Schon seit einiger Zeit versucht Masterfoods, mit
neuen Produkten ernährungsbewusste Käuferschichten zu erreichen: "Mars
Delight" suggeriert, dass es sich hier um eine kalorienarme Schleckerei
handelt.
Ein Blick auf die inzwischen obligatorische Nährwerttabelle zeigt dann
aber, dass diese Version gegenüber dem Standardriegel sogar mehr Kalorien
zu bieten hat. Ähnliches gilt für "Balisto". Der Name klingt nach
geregelter Verdauung. Der mit Schoko und Honig zusammengeklebte
Cerealien-Riegel enthält aber nur 3 Prozent Ballaststoffe. Alles also nur
ein Werbegag? Fritz Schröder-Senker weist den Vorwurf zurück, dass die
Schokoladenfabrik im niederrheinischen Viersen Knirpse zu Kugeln mutieren
lässt. Übergewicht habe viele Ursachen, meint der Pressesprecher und
zeichnet ein düsteres Bild: Kinder können sich im modernen
Großstadtdschungel nicht ausreichend bewegen! Sportunterricht fällt aus!
Eltern fahren ihre Sprösslinge mit dem Auto zur Schule! Die Kleinen sitzen
stundenlang vor der Glotze und dem PC! Da immer weniger Kinder in Familien
aufwachsen, entfällt bei vielen eine geregelte Mahlzeit! An all dem sei
nicht Masterfoods/Mars schuld.
Trotzdem bekenne man sich zu seinem Teil der Verantwortung und beteilige
sich aktiv an der noch unter Rot-Grün gegründeten "Plattform Ernährung und
Bewegung".
Deren Informationsbroschüren sehen in der Tat nach finsterster ökologischer
Propaganda aus. Allüberall sind freudig Sport treibende Kinder zu sehen,
die beherzt in Möhren und Äpfel beißen. Auf der firmeneigenen
Internetpräsenz [1][clever-naschen.de] können besorgte Eltern ausrechnen,
wie viele Milky Ways ihre Sprösslinge gefahrlos täglich vertilgen dürfen.
Ähnliche Informationen werden sich bald auch auf den Verpackungen der
Produkte finden.
Ein Ampelsystem, wie es inzwischen in Großbritannien Pflicht ist, bei dem
allzu ungesunde Lebensmittel mit einem roten Punkt versehen werden, lehnt
Schröder-Senker aber ab. "Verbraucher wollen keine Bevormundung."
Lieber preist der Firmensprecher die gesundheitsfördernde Wirkung von
Schokolade an. Die in der Kakaobohne enthaltenen Flavonoide wirken sich
positiv auf Herz und Kreislauf aus. Ein spezielles Präperat von Masterfoods
wird inzwischen in belgischen Apotheken vertrieben.
50 Millionen Dollar hat Mars in die Erforschung des Schokomedikaments
investiert, was sich natürlich auch ein wenig lohnen soll: In Zukunft also
wird es Zartbitter nachts nicht mehr nur an der Tanke, sondern auch am
Notschalter der örtlichen Apotheke geben.
2 Sep 2007
## LINKS
[1] http://clever-naschen.de
## AUTOREN
Lutz Debus
## TAGS
Grüne Hessen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neuer Lobbyist für Bayer in den USA: Ex-Grüner wird Glyphosat-Lobbyist
Matthias Berninger kommt gut herum: Erst Staatssekretär bei Renate Künast,
dann Lobbyist für Schokoriegel. Künftig ist er für Bayer in Washington.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.