# taz.de -- Spanische Tageszeitung: Ein neuer Versuch | |
> In Spanien erscheint die linke Tageszeitung "Público" - und der | |
> linksliberale Konkurrent "El País" als Marktführer fürchtet um seine | |
> Leser | |
Bild: Público will durch seine gesellschaftlichen Themen vor allem junge Leser… | |
Spaniens Zeitungsleser haben seit gestern eine überregionale Option mehr. | |
Público heißt das neue Blatt - und soll "fortschrittlich, populär, links, | |
radikal demokratisch, pluralistisch, kritisch, aber respektvoll" sein, wie | |
Herausgeber Jaume Roures sagt. Und: anders als die anderen. | |
"Wir wollen niemandem Leser wegnehmen", sagt zwar Roures. Dennoch machen | |
sich vor allem bei El País Sorgen breit. Público ist das erste Projekt | |
einer Zeitung auf der Linken, seit Anfang der Neunzigerjahre El | |
Independiente scheiterte. Seitdem deckt El País, der linksliberale | |
Marktführer, ein breites Spektrum ab. Seine Stellung könnte jetzt ins | |
Wanken geraten. Denn die Nummer zwei auf dem Markt, El Mundo, liegt mit | |
einer verkauften Auflage von 330.000 Exemplaren nur 100.000 hinter El País. | |
Jeder Leser, der an Público verloren geht, zählt deshalb bei El País. | |
Anders als die bisherigen Überregionalen - El País, die investigative El | |
Mundo oder die konservativen Blätter ABC und La Razón - will Público | |
verstärkt soziale und gesellschaftliche Themen aufgreifen. Die erste | |
Ausgabe hebt sich wohltuend vom bisherigen spanischen Journalismus ab. | |
Statt seitenlang Politiker verschiedener Parteien zu Wort kommen zu lassen, | |
beschäftigt sich Público mit Themen wie dem ETA-Terror, dem Verkauf des | |
Energieversorgers Endesa, der Abschiebung von jugendlichen Ausländern oder | |
dem Schwarzmarkt für Arbeitskräfte mitten in Madrid. Público will täglich | |
250.000 Exemplare verkaufen - und könnte eine echte Konkurrenz werden, | |
gerade für El País. | |
Die warnende Stimme erhob der ehemalige sozialistische Regierungschef | |
Felipe González. Er sei besorgt, dass "freundliches Feuer Kollateralschäden | |
verursachen" könne, sagte er jüngst auf einer Gedenkveranstaltung für Jesús | |
Polanco, den im Sommer verstorbenen Gründer des Medienkonzerns Prisa, zu | |
dem El País gehört. Der Kampf zwischen Prisa und dem Público-Geldgeber | |
Mediapro hat längst begonnen. Seit Auftakt dieser Fußballspielzeit streiten | |
beide Konzerne um die Übertragungsrechte der spanischen Ersten Liga. | |
Während Prisa behauptet, diese exklusiv für den Pay-TV Canal Satelite | |
Digital zu haben, überträgt Mediapro jedes Wochenende Spiele im | |
Free-TV-Sender La Sexta. Mediapro ist ein junges Unternehmen. Die Besitzer | |
haben ihr Geld in den letzten Jahren mit Privatfernsehen verdient. Sie | |
produzieren die erfolgreichsten spanischen TV-Serien. Für Público haben sie | |
nach eigenen Angaben eine Finanzdecke für fünf Jahre. | |
Kaufen sollen das Blatt vor allem junge moderne Leser, die sich von der | |
bisherigen Presselandschaft nicht berücksichtigt fühlen. Um dieses Publikum | |
zu verführen, kostet Público nur 50 Cent, die Hälfte der alteingesessenen | |
Tageszeitungen. Público wird täglich 64 Seiten haben und mit | |
Regionalausgaben in den bevölkerungsstärksten Landesteilen Spaniens, in | |
Madrid, Katalonien und Andalusien vertreten sein. Die Druckausgabe wird | |
täglich von 140 Redakteuren erstellt. Es ist eine junge Redaktion mit einem | |
Durchschnittsalter von gerade einmal 30 Jahren. Sie ist auch für den | |
Internetauftritt verantwortlich. | |
Es sei eine der letzten Zeitungen auf Papier, sagt Roures, der sein Blatt | |
deshalb von Anfang an eng mit dem Internetauftritt verknüpfen will. | |
Chefredakteur wurde wohl auch deshalb der junge Ignacio Escolar. Er pflegt | |
seit Jahren, eines der erfolgreichsten Weblogs der spanischsprachigen Welt | |
- und ist bei der Partizipations-Community im Netz beliebt. Auf sie | |
zugeschnitten ist so auch der Slogan: "Es ist nicht eine Zeitung mehr, es | |
ist deine Zeitung." | |
27 Sep 2007 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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