# taz.de -- Kommentar Russland: Souverän Putin | |
> Der Rückbau der Demokratie ist vollzogen. Mit seiner Kanditatur für die | |
> Dumawahlen hat Putin die Weichen für eine lebenslange Amtszeit gestellt. | |
Bild: Der einsame Putin - mit Klonen wäre die Nachfolge geregelt. | |
Wladimir Putin ist zu beneiden. Was immer der russische Präsident auch tut, | |
das Volk hält es für gut und die politische Klasse bricht in Jubel aus. | |
Putins Entscheidung, für die Duma auf dem Ticket der Kremlpartei zu | |
kandidieren, um hintenherum an der Macht zu bleiben, trifft in der | |
Öffentlichkeit auf breite Zustimmung. | |
Nur eine kleine Minderheit kritisiert die Art und Weise, in der der | |
Kremlchef häppchenweise seine Zukunftspläne vor dem turnusmäßigen | |
Wachwechsel im Kreml im Frühjahr enthüllt. Was in demokratischen Staaten | |
als eine Verhöhnung des Souveräns - des Wählers - empfunden würde, hält man | |
in Russland für eine weise Entscheidung des Souveräns - des Präsidenten. | |
Die Sprache verrät es. Nur die Begriffe decken sich, nicht deren Inhalt. | |
Daran muss sich der Westen jetzt endgültig gewöhnen. Auch daran, dass die | |
Verlängerung der Amtszeit dem herkömmlichen dynastischen Muster folgt: das | |
Ende der Dynastie fällt mit dem biologischen Ende des Souveräns zusammen. | |
Die Dumawahlen im Dezember werden zu vorgezogenen Präsidentschaftswahlen | |
und einem Plebiszit für Putin. Die ohnehin auf Restbestände zusammen | |
gestutzte russische Parteienlandschaft erhält mit dem Geeinten Russland | |
jetzt auch wieder so etwas wie eine Staatspartei nach dem Zuschnitt der | |
früheren KPdSU. Der Rückbau der Demokratie ist nach acht Jahren Putin | |
endgültig vollzogen. Die Leitidee des Umbaus bezeichnet der Kreml als | |
"souveräne Demokratie", deren Bedeutung sich langsam erschließt. Im | |
kommunistischen Sprachgebrauch hieß dieser Mechanismus "demokratischer | |
Zentralismus". Im Vergleich zur souveränen Demokratie war jener jedoch | |
transparent und erheblich pluralistischer. | |
Die Winkelzüge des Kremlchefs legen die strukturellen Probleme des Systems | |
offen. Putin hat weder einen fähigen Nachfolger noch einen Garanten | |
gefunden, dem er seine Sicherheit und die Interessen des Staates | |
anvertrauen könnte. Die Machtpyramide, von Putin obsessiv ausgebaut, hat | |
alle personalen Alternativen beseitigt. Sie steht und fällt mit seiner | |
Person. Von Stabilität kann keine Rede mehr sein. Das ist das Fazit der | |
"Diktatur des Gesetzes" im Interesse der Stabilität. | |
2 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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