# taz.de -- Medizin-Nobelpreis: Förderer von Tierversuchen geehrt | |
> Nobelpreis für drei Humangenetiker: Ihre Forschung ermöglicht das Züchten | |
> von Mäusen mit Mutationen in beliebigen Genen - und ließ die Zahl der | |
> Tierversuche steigen. | |
Bild: Original und Fälschung: Genetisch veränderte Maus (l.) mit unverändert… | |
BERLIN taz |Der Nobelpreis für Medizin geht dieses Jahr an zwei | |
amerikanische und einem britischen Humangenetiker. Mario R. Capecchi, von | |
der University of Utah, Oliver Smithies, von der University of | |
North-Carolina und Martin J. Evans, von der Cardiff Universität in | |
Großbritannien, erhalten den mit insgesamt 1,1 Millionen Euro dotierten | |
Preis für ihre "bahnbrechende Entdeckungen" im Bereich embryonaler | |
Stammzellen und der DNA-Rekombination bei Säugetieren", gab das | |
Nobelpreiskomittee in Stockholm bekannt. | |
Die drei Forscher hätten die Grundlage dafür geschaffen, dass heutzutage | |
Mäuse mit Mutationen in jedem beliebigen Gen gezüchtet werden können, heiß | |
es bei der Bekanntgabve der Preisträger. Durch das gezielte Ausschalten | |
eines oder mehrerer Gene können zum Beispiel sogenannte "Kockout-Mäuse" | |
hergestellt werden, die zur Erforschung von Erbkrankheiten dienen. | |
Die Ergebnisse der drei Humangenetiker hätten die biomedizinische Forschung | |
revolutioniert, gab das Nobelpreiskomittee bekannt. Bislang sei es den | |
Forschern bereits gelungen, etwa 10.000 Mäusegene kontrolliert | |
auszuschalten, das sei etwa die Hälfte der Gene der Säugetiere. Mit den | |
Knock-out-Mäusen als Modell-Tier kann sowohl die Entwicklung von | |
Herzkrankheiten als auch Diabetes oder die Entstehung von Krebs besser | |
untersucht werden. An den unter "Menschenkrankheiten" leidenden Tieren kann | |
zudem auch die Wirkung von potentiellen Heilmitteln intensiv untersucht | |
werden. | |
Ein unerfreulicher "Nebeneffekt", den das Nobelpreiskomittee nicht | |
erwähnte, ist, dass durch die zunehmende Nutzung der Modell-Mäuse die Zahl | |
der Tierversuche in den letzten Jahren stark ansteigend ist. Der 1937 in | |
Verona, Italien, geborene Mario R. Capecchi ging schon früh in die USA,. Er | |
studierte in Ohio Chemie und Physik. Später war er in Havard einer der | |
Schüler von James Watson, der für die Entdeckung der DNA-Struktur mit dem | |
Nobelpreis ausgezeichnet wurde. In den 70er konnte Capecchi als erster | |
zeigen, dass es möglich ist ein neues Gen in das Genom eine Säugetierzelle | |
einzuführen. Seinerzeit konnte er noch nicht vorab bestimmen, an welcher | |
Stelle im Erbgut das zugefügte Gen eingebaut wird. Erst Jahre später konnte | |
Capecchi den Zufall ausschalten. | |
Mit der von ihm entwickelten sogenannten "homologen Rekombination" gelang | |
es ihm, die Gene gezielt an bestimmte Stellen auf den Chromosomen | |
einzuschleusen. Etwa zu gleichen Zeit hatte der Oliver Smithies die gleiche | |
Idee. Er wollte mittels einer zugefügten DNA-Sequenz "kranke" Gene wieder | |
repärieren. Mitte der 80er Jahre zeigte er, dass sein gentherapeutischer | |
Ansatz im Prinzip funktioniert. | |
Der dritte Nobelpreisträger, der Brite Martin R. Evans, hatte sich in | |
Cardiff auf embryonale Zellen spezialisiert. Zuerst arbeitete er mit | |
Krebszellen, erkannte aber, dass er damit keine transgenen Tiere herstellen | |
könne. Er forschte dann mit Keimzellen von Mäusen weiter. 1986 zeigte er | |
erstmals , dass fremde Gene in eine Keimzelle eingeschleußt werden können. | |
Ein Jahr später stelte er das erste "Tier-Modell" mit einer Erbkrankheit, | |
dem Lesch-Nyhan-Syndrom, her. | |
Nachdem Capecchi und Smithies von den Evans-Versuchen hörten, taten die | |
drei sich zusammen. Sie nutzen embryonale Sammzellen für die homologe | |
Rekombination und konnten damit zahlreiche transgene Modell-Tiere schaffen. | |
Heute gehört das Verfahren zum Standard in der Biomedizin. | |
8 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Löhr | |
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