# taz.de -- Einkommen: Pankow wieder Bonzenbezirk | |
> Wo früher die DDR-Politprominenz lebte, wohnen die jungen Reichen: Die | |
> Pankower verdienen im Schnitt fast so viel wie die Menschen im | |
> wohlhabenden Südwesten Berlins. | |
Bild: Luxus von oben: Der Pankower Stadtteil Prenzlauer Berg | |
Wer dachte, der Berliner Reichtum sitzt vor allem im Westen, hat sich | |
getäuscht. Pankow wird zum neuen Wohlstandsbezirk der Stadt. Das zeigt der | |
jetzt veröffentlichte Mikrozensus des Amts für Statistik Berlin Brandenburg | |
für das Jahr 2006. Demnach ist das durchschnittliche Nettoeinkommen der | |
Pankower mit 1.000 Euro inzwischen fast so hoch wie das der Menschen in | |
Charlottenburg-Wilmersdorf (1.025 Euro) und Steglitz-Zehlendorf (1.075 | |
Euro). | |
Der Bezirk prosperiert. Karsten Wenzel, der im Amt für Statistik für den | |
Mikrozensus zuständig ist, führt das auch auf den "Prenzlberg-Effekt" | |
zurück. "Der Bezirk scheint ein Magnet zu sein. Viele ziehen dorthin. Das | |
begünstigt eine positive Entwicklung." | |
Vergleicht man die aktuellen Zahlen aus dem Mikrozensus mit denen der | |
vergangenen Jahre, stellt man fest: Mit Pankow geht es seit der Wende | |
kontinuierlich bergauf. Während das Durchschnittseinkommen in Berlin seit | |
1991 insgesamt um 50 Prozent zugenommen hat, wuchs es in Pankow um 122 | |
Prozent - mehr als in allen anderen Ostbezirken. | |
Pankow ist inzwischen auch der Bezirk mit dem höchsten Anteil an | |
Erwerbstätigen in Berlin. Rund 65 Prozent der Menschen zwischen 15 und 65 | |
Jahren haben einen Job, in Neukölln sind es 48 Prozent. Nur ein Fünftel der | |
Pankower ist auf staatliche Unterstützung angewiesen, in allen anderen | |
Bezirken liegt der Anteil der Bedürftigen darüber. | |
Auch der Bürgermeister von Pankow, Matthias Köhne (SPD), macht den Zuzug | |
für den neuen Wohlstand des Bezirks verantwortlich. "Wir sind der einzige | |
Bezirk, der so stark wächst. Es hört einfach nicht auf." Wohlhabend sei | |
aber nicht der Prenzlauer Berg, sondern seien vor allem die bürgerlichen | |
Gegenden in Niederschönhausen und Weißensee. Etwa das Gebiet um den | |
Majakowskiring, wo zu DDR-Zeiten die Politprominenz hauste. | |
Die Reichen kommen, die Armen gehen: Früher gab es sowohl am Falk- als auch | |
am Helmholtzplatz Quartiersmanager, die helfen sollten, die soziale Lage im | |
Viertel zu stabilisieren. Die Förderung ist 2005 ausgelaufen, es gab keinen | |
Bedarf mehr. "Uns geht es zu gut", sagt Köhne. | |
So verändert der Aufstieg die Kieze. Köhne erzählt, dass sich im | |
vergangenen Jahr Zugezogene beim Bezirksamt beschwert hätten, weil sich auf | |
dem Helmholtzplatz Trinker aufhielten. Das Amt möge doch bitte für Ordnung | |
sorgen, sie fühlten sich belästigt. "Die dort jetzt in den Dachgeschossen | |
wohnen, haben offenbar eine andere Vorstellung von ihrem Umfeld als das, | |
was bisher üblich war." Im Vergleich zu vor fünf Jahren sei die Zahl der | |
Trinker auf dem Platz inzwischen lächerlich gering. | |
Andrej Holm, Stadtsoziologe der Humboldt-Universität, spricht von einem | |
Verdrängungsprozess. Die umfassende Modernisierung der Altbauten in | |
Prenzlauer Berg habe zu einem Austausch der Bewohner geführt. Die Mieten | |
sind inzwischen tatsächlich gesalzen: Wer in eine Drei-Zimmer-Wohnung mit | |
90 Quadratmetern am Kollwitzplatz zieht, muss mit 1.200 Euro Miete pro | |
Monat rechnen."Für einen Hartz IV-Empfänger ist es heute kaum möglich, dort | |
eine Wohnung zu finden", sagt Holm. | |
Inzwischen lebe in Prenzlauer Berg eine homogene Bevölkerung, die ein gutes | |
Einkommen hat und überdurchschnittlich gebildet ist, so der Stadtsoziologe. | |
"Insofern ähnelt die Sozialstruktur der in Wilmersdorf oder Steglitz." | |
Anders als im Südwesten seien die Menschen aber jünger. "Während im | |
Berlin-Durchschnitt der Anteil der 25- bis 45-Jährigen zirka ein Drittel | |
ausmacht, liegt er im Prenzlauer Berg weit über 50 Prozent." | |
Anders auch als die Reichen aus dem Südwesten Berlins, die wie in | |
Steglitz-Zehlendorf in der Mehrheit CDU wählen, gehören die Pankower zum | |
Klientel von SPD und Grünen. Es ist ein rot-grüner Wohlstand, der sich im | |
Nordosten breitmacht. | |
10 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
Antje Lang-Lendorff | |
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Expats | |
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