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# taz.de -- Menschenrechtsverletzungen: Kolumbiens Armee mordet wieder
> Eine internationale Kommission von Menschenrechtsexperten registriert
> einen dramatischen Anstieg illegaler Hinrichtungen durch die Armee.
Bild: Kolumbiens Präsident war in letzter Zeit wegen angeblicher Verbindungen …
BOGOTÁ taz Am 15. April diesen Jahres befand sich Ester Lozada in ihrem
Häuschen unweit von Puerto Rico, eine Flugstunde südlich von Bogotá.
Hubschrauber der kolumbianischen Armee landeten in dem Weiler. Die Soldaten
verfolgten Farc-Guerilleros. "Als ich abends heimkam, hörte ich, dass sie
Ester getötet hatten", berichtet ihr Mann Rodrigo. In der Provinzhauptstadt
San José del Guaviare präsentierten die Militärs die Leiche der Frau als
eine im Kampf gefallene Rebellin. "Sie haben sie mir in Uniform
zurückgegeben", schluchzt Rodrigo, "eine Hausfrau in Uniform!"
"Außergerichtliche Hinrichtungen" nennen Juristen solche Fälle, und in
Kolumbien gibt es immer mehr davon. Vorgestern stellte eine internationale
Delegation von Menschenrechtlern in Bogotá einen Bericht zum Thema vor.
Demnach wurden zwischen Juli 2002 und Juni 2007 wie Ester Lozada mindestens
weitere 954 ZivilistInnen von Soldaten hingerichtet, hinzu kommen 235
"Verschwundene". Zwischen 1997 und 2002 sind 577 solcher Morde belegt.
Die Fälle, in denen es erdrückende Beweise für eine außergerichtliche
Hinrichtung gebe, müssten von Militärgerichten an die zivile Justiz
übergeben werden, forderte Rainer Huhle vom Menschenrechtszentrum Nürnberg,
der die Delegation leitete. "Die Militärjustiz verletzt alle Garantien für
ein rechtsstaatliches Verfahren, da die Vorgesetzten der Täter über den
Fall entscheiden. Das kolumbianische Verfassungsgericht hat dies ebenfalls
wiederholt festgestellt", erklärte Huhle weiter. Die nahezu völlige
Straffreiheit erlaube es den Tätern, diese Praxis immer weiter
fortzusetzen. Die Expertenkommission hatte in 14 Regionen Kolumbiens Zeugen
von 132 Fällen in 14 Regionen des Landes angehört.
Man werde die Vorwürfe prüfen, versprach der Staatssekretär im
kolumbianischen Verteidigungsministerium, Sergio Jaramillo. Hinter vielen
Anschuldigungen stecke allerdings gezielte Propaganda der Guerilla: "Die
Farc befiehlt den Angehörigen von gefallenen Aufständischen zu behaupten,
diese seien Opfer außergerichtlicher Hinrichtungen", sagte Jaramillo. Nach
Zahlen seines Ministeriums wurden allein im letzten Jahr 2.072 "Angehörige
illegaler Gruppen" getötet.
Die Expertendelegation sieht das ganz anders. Offenbar würden die
Verbrechen an der Zivilbevölkerung, für die in den letzten Jahren
Guerilleros, überwiegend jedoch rechtsextreme Todesschwadronen
verantwortlich waren, jetzt wieder zunehmend von der Armee begangen, sagte
ein weiteres Delegationsmitglied. Vor 14 Tagen hatte Präsident Álvaro Uribe
in der UN-Vollversammlung behauptet, es gäbe in Kolumbien keine
Paramilitärs mehr.
Anders als sämtliche großen Nachrichtenagenturen ignorierte die
kolumbianische Presse gestern den Bericht. Und die BBC ruderte zurück: Nach
gut zwei Stunden nahm sie ihren Artikel über die Hinrichtungen wieder von
der spanischsprachigen Lateinamerika-Website. Der neue Aufmacher: Uribes
Parteifreunde wollen die Verfassung ändern, um ihm 2010 die erneute
Wiederwahl zu ermöglichen.
11 Oct 2007
## AUTOREN
Gerhard Dilger
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