# taz.de -- Schavan, die Industrie und der Klimawandel: Technik statt Verzicht | |
> Nicht mit Verzicht, sondern mit Hightech wollen Schavan und die deutsche | |
> Industrie dem Klimawandel entgegenwirken. Der, so die Ministerin, berge | |
> ja auch wirtschaftliche Chancen. | |
Bild: Immer nur verzichten? Nicht mit Annette Schavan! | |
Die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft vertrauen beim Kampf gegen | |
den Klimawandel vor allem auf technische Lösungen. "Das Thema Klimawandel | |
wird nicht mit der Rhetorik des Verzichts populär werden", sagte | |
Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) am Dienstag auf dem | |
"Klima-Forschungsgipfel" in Berlin. Auch Joachim Milberg, | |
Aufsichtsratsvorsitzender von BMW und Präsident der Deutschen Akademie der | |
Technikwissenschaften, plädierte dafür, weniger auf eine Änderung des | |
Verhaltens und mehr auf Innovation zu bauen: "Wir müssen weg von der reinen | |
Verzichtsrhetorik und hin zu den wirtschaftlichen Chancen des | |
Klimawandels." Die Strategie müsse sein, "Klimaschutz mit | |
Wohlstandssicherung zu verbinden". | |
Das Ergebnis des Forschungsgipfels ist eine gemeinsame "Hightech-Strategie | |
zum Klimaschutz" von Wissenschaft, Politik und Industrie. Dafür wird das | |
Forschungsministerium in den nächsten zehn Jahren 1 Milliarde Euro | |
zusätzlich in die Klimaforschung investieren. Auch die Wirtschaft soll | |
eigene Forschungsmittel einbringen. Der Einschätzung Schavans zufolge | |
werden dabei auf jeden Euro der öffentlichen Hand fünf Euro aus der | |
Wirtschaft kommen. | |
Vier Forschungsvorhaben hat der "Klimagipfel" benannt, bearbeitet werden | |
sie in sogenannten "Innovationsallianzen" aus Industrie und | |
Forschungseinrichtungen. Das erste Forschungsvorhaben ist die Entwicklung | |
von organischen Photovoltaik-Materialien. Bei der Herstellung von | |
Solaranlagen könnten diese zu einer günstigeren Alternative zum bislang | |
verwendeten Silizium werden. Eine zweite "Allianz" beschäftigt sich mit | |
Energiespeicherung. Druckluftsysteme oder Wasserstoff könnten zum Beispiel | |
den Strom aus Windrädern bei Sturm speichern und bei Flaute wieder abgeben. | |
Das dritte Projekt untersucht, wie eine weiterentwickelte Auto-Elektronik | |
den Spritverbrauch senken kann. Das vierte Projekt erforscht die "car to | |
car communication", also wie Autos miteinander kommunizieren können, um | |
spritfressende Staus zu vermeiden. | |
Allen vier Vorhaben liegt ein gemeinsamer Gedanke zugrunde: "Was ökologisch | |
notwendig ist, soll auch ökonomisch sinnvoll sein", sagt Schavan. Die | |
Hightech-Strategie verbinde "Klimaschutz mit Innovationen, die | |
Arbeitsplätze schaffen und Wohlstand sichern". Nach Ansicht des Leiters des | |
Potsdamer Geoforschungszentrums, Reinhard Hüttl, liegt der Reiz technischer | |
Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel darin, "deutsche Technologien | |
international zu vermarkten". Siemens-Vorstandsmitglied Hermann Requardt | |
warnte davor, den deutschen Technologievorsprung nicht auch wirtschaftlich | |
zu nutzen. Man habe in Deutschland schon viel erfunden, womit dann andere | |
Geld verdient hätten. "Wir müssen schauen, dass bei der Volkswirtschaft | |
etwas hängenbleibt." | |
Greenpeace kritisierte diese Exportorientierung. Die deutsche Wirtschaft | |
könne die nötigen Windräder und Photovoltaik-Anlagen gar nicht allein | |
exportieren, sagte der Klimaexperte Karsten Smid der taz. Für den Umbau der | |
Energieversorgung benötige man enorme Wachstumsraten bei erneuerbaren | |
Energien, gerade in den Entwicklungsländern. "Diese Dynamik kann es nur | |
geben, wenn wir das Wissen über neue Energietechniken mit anderen teilen." | |
Der Zugang zu neuen Technologien ist eine wichtige Forderung der | |
Entwicklungsländer. Sie gilt als Schlüssel dafür, die Entwicklungsländer | |
auf der Klimakonferenz im Dezember in Bali zu eigenen | |
Klimaschutz-Verpflichtungen zu bewegen. | |
17 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Nikolai Fichtner | |
## TAGS | |
Bundesregierung | |
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