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# taz.de -- Mikrokredite: Entwicklungshilfe als Geldanlage
> Mikrokredite helfen Menschen in armen Ländern, eine Existenz zu gründen.
> Bald können auch deutsche Sparer in Mikrofinanzfonds investieren.
Bild: Kleinstunternehmern in Entwicklungsländern fördern? Soll künftig ganz …
Private Anleger können demnächst ihr Geld in so genannte Mikrofinanzfonds
investieren und damit aktive Entwicklungshilfe leisten. Die dafür
notwendige Novelle des Investmentgesetzes wird gerade im Bundestag
abschließend verhandelt. Investieren Sparer in einen solchen Fonds, stellen
sie ihr Geld für Mikrokredite zur Verfügung.
Diese sind ein bewährtes Konzept, die Wirtschaft in Entwicklungsländern zu
fördern: Kleinunternehmer und Privatleute können sich dort häufig keine
Existenz aufbauen, weil sie von den herkömmlichen Banken wegen fehlender
Sicherheiten kein Geld bekommen. Durch Mikrokredite können sie sich
selbstständig machen und etwa eine kleine Werkstatt einrichten. Im
Durchschnitt erhalten die Kleinunternehmer ein Darlehen in Höhe von rund
850 Dollar, oft sind allerdings weniger als 100 Dollar nötig, um eine neue
Existenz aufzubauen. Obwohl es das Konzept der Mikrofinanzfonds schon seit
über 30 Jahren gibt, wurde es erst 2006 einer breiten Öffentlichkeit
bekannt, als Muhammed Yunus den Friedensnobelpreis erhielt. Der
Ökonomieprofessor hat die Grameen Bank gegründet, die seit 1976
Kleinkredite an Arme ausgibt.
Trotz des schnellen Wachstums der Mikrofinanzinstitutionen kann bislang nur
jeder fünfte Interessierte einen Mikrokredit bekommen, da zu wenig Geld zur
Verfügung steht. Nach Angaben der Investmentbank Morgan Stanley wird der
Bedarf in den nächsten zehn Jahren von 28 Milliarden (2006) auf 300
Milliarden Euro steigen. Allein durch staatliche Gelder kann dieser Betrag
nicht aufgebracht werden. Daher hatten vor allem die Kirchen auf eine
Änderung des Investmentgesetzes gedrängt, sodass auch Privatleute in
Mikrofinanzfonds investieren können.
Ralf Tepel von der Karl-Kübel-Stiftung, die die Auswirkungen der
Mikrokredite untersucht hat, rät Privatanlegern nachzufragen, wo ihr Geld
investiert wird. Die Banken sollten genau über den Erfolg der Mikrokredite
berichten können. Es sei außerdem wichtig, dass die Kreditvergabe immer mit
Qualifizierungsmaßnahmen verbunden sei. "Die Menschen müssen lernen, wie
man Geschäfte macht", sagte Tepel. Nur durch Aufklärung könne eine
Überschuldung der Kreditnehmer verhindert werden.
Laut Hanns-Martin Hagen von der bundeseigenen KfW-Bank sind bislang in
Deutschland vor allem die kirchlichen Banken sowie die Sparkassen daran
interessiert, Mikrofinanzfonds einzurichten und damit ethisches Sparen zu
ermöglichen. Solche Fonds sind nicht darauf ausgelegt, hohe Renditen zu
bringen, bieten für Anleger aber dennoch einen entscheidenden Vorteil: Sie
sind von den globalen Finanzmärkten unabhängig. Ein Bäcker in Bangladesch
ist von der US-Immobilienkrise nicht betroffen. Außerdem ist die Geldanlage
recht sicher: 98 Prozent der Kredite werden zurückgezahlt. Viele Banken
geben Mikrokredite ausschließlich an Frauen, weil sie als verlässlicher
gelten.
In Deutschland können bislang nur institutionelle Anleger, zum Beispiel
Kirchen oder Stiftungen, oder sehr wohlhabende Privatleute, die mindestens
1 Million Euro investieren können, ihr Geld in Mikrokrediten anlegen. Um
den Markt nun auch für Privatleute zu öffnen, die eine kleinere Summe
investieren möchten, muss das Investmentgesetz geändert werden. Denn bisher
dürfen Publikumsfonds für Kleinanleger nur zu einem geringen Teil
unverbriefte Anleihen enthalten, die nicht der Bewertung von
Ratingagenturen unterworfen sind. Mikrokredite sind aber immer unverbrieft,
sie werden nicht an Börsen gehandelt. Mit der Novelle dürfen nun 75 Prozent
eines Mikrofinanzfonds unverbrieft sein. Das Gesetz soll in der zweiten
Novemberwoche im Bundestag verabschiedet werden.
17 Oct 2007
## AUTOREN
Nicole Basel
## TAGS
Mikrokredit
Mikrokredite
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