# taz.de -- Vertriebenenzentrum: Vertreibung im Deutschlandhaus | |
> Das "Zentrum gegen Vertreibungen" soll ins Deutschlandhaus an der | |
> Stresemannstraße. Doch das ist komplett vermietet. Wer muss der | |
> Vertriebenenausstellung weichen? | |
Bild: Hier könnte es eng werden: Das Deutschlandhaus gegenüber vom Anhalter B… | |
Deutschlandhaus. Allein der Name hätte den Kaczynski-Brüdern | |
Wahlkampfmunition gegeben. Also hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die | |
Bekanntgabe über die bevorstehende Einrichtung des umstrittenen "Zentrums | |
gegen Vertreibungen" auf den Montag nach den polnischen Wahlen gelegt. | |
Zumindest, was den Namen des Gebäudes betrifft, wäre das nicht nötig | |
gewesen. "Das Deutschlandhaus ist in den 20er-Jahren neben dem Europahaus | |
gebaut worden", weiß Astrid Wokalek von der Bundeszentrale für politische | |
Bildung. Keine deutschnationale Hybris habe da Pate gestanden, sondern ein | |
europäischer Gedanke. Tatsächlich ist das Deutschlandhaus nur doppelt so | |
hoch wie das Europahaus, der Berliner Sitz von Entwicklungsministerin | |
Heidemarie Wieczorek-Zeul. Deutschland, so lautete die Botschaft der | |
Architekten Richard Bielenberg und Josef Moser in der Stresemannstraße | |
unweit des Potsdamer Platzes, ist ein Teil Europas. | |
Das soll es auch bleiben, meint Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse | |
(SPD). Medienberichten zufolge haben sich Thierse und der Staatsminister | |
für Kultur, Bernd Neumann (CDU), nicht nur auf das Deutschlandhaus als Ort | |
des künftigen Zentrums geeinigt. Das Thema soll auch im europäischen | |
Kontext präsentiert werden. Das soll insbesondere die enge Anbindung des | |
Zentrums an das Deutsche Historische Museum garantieren, das mit seiner | |
Ausstellung "Flucht, Vertreibung und Integration" im Bonner Haus der | |
Geschichte viel Lob eingeheimst hat. | |
Allerdings herrscht in der Koalition noch Uneinigkeit darüber, wie Erika | |
Steinbach (CDU), die Chefin des Bundes der Vertriebenen, in das Konzept | |
eingebunden wird. Während Thierse versicherte, Steinbach habe mit dem | |
Konzept nichts zu tun, forderte CDU-Fraktionschef Volker Kauder am | |
Donnerstag: "Eine Dokumentationsstätte zu Flucht und Vertreibung ist ohne | |
Einbindung von Frau Steinbach nicht denkbar." Eine endgültige Einigung, | |
sagte der Sprecher von Kulturstaatsminister Neumann, Dietrich von der | |
Schulenburg, soll bis Jahresende vorliegen. | |
Völlig unklar ist allerdings noch, wer dem Zentrum gegen Vertreibungen mit | |
einer geplanten Ausstellungsfläche von 18.000 Quadratmetern weichen muss. | |
Das Gebäude ist komplett vermietet. Neben der Bundeszentrale für politische | |
Bildung nutzen auch der Landesverband der Vertriebenen und das Bündnis für | |
Demokratie und Toleranz die vier Etagen. "An uns ist noch keiner | |
herangetreten, dass wir raussollen", heißt es beim Bündnis für Toleranz, | |
ein Netzwerk, das von Rot-Grün 2000 gegründet wurde, um Projekte gegen | |
Rechtsextremismus zu koordinieren. | |
Offenbar ist aber auch da das letzte Wort noch nicht gesprochen. "Die Zahl | |
von 18.000 Quadratmetern wird noch kleiner", versicherte Neumanns Sprecher | |
Schulenburg. Nach taz-Informationen soll sie sogar nur 1.800 Quadratmeter | |
betragen. Das wäre dann aber nicht mehr das "sichtbare Zeichen", das | |
Schwarz-Rot der Vertriebenen-Chefin Steinbach im Koalitionsvertrag | |
versprochen hat. | |
26 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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