# taz.de -- Bayerische Seifenopern: Die Bayern vereiern | |
> Der Bayerische Rundfunk kultiviert in seinem reformierten Programm | |
> bajuwarische Klischees von vorgestern - vor allem in "Dahoam is Dahoam". | |
Bild: In "Dahoam is Dahoam" gehen Tradition und Fortschritt überaus subtil Han… | |
MINGA taz Freilich, in Bayern tragen wir alle täglich Tracht und trinken | |
dauernd Bier. Oder kurz gesagt: Humpfdada - Prost! So sieht wohl das | |
sträflich schlichte Bayernbild in Berlin, Hannover oder Köln aus. Mit | |
Sicherheit jedoch ist es das Bayernbild einiger Abteilungen des | |
öffentlich-rechtlichen Freistaat-Fernsehens. Denn in bislang unbekannter | |
Penetranz und Peinlichkeit haben Dirndl, Blasmusik und Goaßlschnalzen | |
Anfang Oktober das bayerische Fernsehen erobert. | |
Die komprimierte Ladung Bayern-Klischee wird seitdem in eine bayerische | |
Dailysoap namens "Dahoam is dahoam" gepackt (montags bis donnerstags um | |
19.45 Uhr). Es ist der schlimme, leider erfolgreiche Teil der schnell | |
gestrickten, aber halbwegs gelungenen Programmreform im BR, die vom neuen | |
Logo über eine erfreuliche Stärkung der Nachrichtenschiene bis zu einem | |
fragwürdig-abgedrehten Jugendangebot reicht. Der Plot von "Dahoam is | |
Dahoam": Zwei Dorffamilien liegen im Clinch, man sammelt sich in Tracht im | |
Biergarten und grantelt rum. Humpfdada - Prost! | |
In den echten Kneipen und Boazn draußen zwischen Erding und | |
Fürstenfeldbruck reden die Leute natürlich über diesen vermeintlich großen | |
Wurf des BR, diese erste regionale TV-Daily. Groß waren die Erwartungen des | |
denkenden Fernsehpublikums. Denn was gibt es nicht für schöne Produktionen, | |
die den bayerischen Humor abbilden und auch die kulturelle Wahrheit, dass | |
die Preißn gemeinhin ihre Gedankengänge mitsprechen, während man | |
hierzulande einfach das Ergebnis bekannt gibt. Der BR-Tatort "A gmahte | |
Wiesn" letztens war ein wunderbares Beispiel oder Franz Xaver Bogners | |
Kultkrimireihe "Münchens 7" oder natürlich - wenn man weiter zurückschaut - | |
die "Münchner Gschichten", der "Monaco Franze" oder "Kir Royal", in denen | |
allen voran Helmut Fischer, Ruth Maria Kubitschek und Dieter Hildebrandt | |
feinsinnig ihre Rollen ausfüllten, die immer auch ein wenig ihr eigenes | |
Leben spiegelten. Um Klatschreporter ging es da oder um den ewigen Stenz - | |
stets angereichert mit der Selbstironie, die jedem Bayern zu eigen ist, der | |
sich nicht nur aufs Biertrinken verlegt hat. Produziert, geschrieben und | |
inszeniert haben diese Serien damals eben Leute von hier, der große Helmut | |
Dietl etwa oder Bestsellerautor Patrick Süskind. | |
Heutzutage ist das anders. Die "Münchner Gschichten" und "Kir Royal" werden | |
dieser Tage in hippen "After-Hour-Clubs" namens "089" gezeigt - bei | |
Prosecco und Brezn. "Dahoam is Dahoam" fügt sich da nahtlos ein. Abgenommen | |
wird die Serie im BR von Carin Tönissen und ihrer Chefin Bettina Reitz. Aus | |
Bayern kommen die nicht. Kreativchef bei der Produktionsfirma Polyscreen | |
ist Dietmar Hammer - wie seine Auftraggeberinnen versteht auch er sein | |
Handwerk, aber kein Bayerisch. | |
Immerhin scheint man lernfähig zu sein. Dirndlquote und Blasmusik haben ein | |
wenig nachgelassen - noch ist allerdings unklar, ob es an einem gut | |
meinenden Drehbuchschreiber oder Regisseur liegt oder ob die Kritik mancher | |
Zuschauer und auch aus dem BR selbst angekommen ist. Das Anliegen der Serie | |
sei eine "Weiterentwicklung des Komödienstadls", lauten die wenig | |
beruhigenden Worte Hammers. | |
Aber immerhin gesteht er im Gespräch mit der taz ein, dass "Dahoam is | |
Dahoam" bayerisch-augenzwinkernder werden müsse. "Man braucht Dramatik und | |
die Happy-Stränge, aber auch den bayerischen Humor." Der Vergleich mit den | |
großen bayerischen Serien von Dietl und Bogner sei aber ungerecht: "Wenn | |
die mit einem gewissen Budget acht Folgen drehen, machen wir daraus 200." | |
Das mag sein. Aber muss man die Bayern deswegen gleich 200 halbe Stunden | |
lang zu Volldeppen machen? | |
30 Oct 2007 | |
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Fernsehfilm | |
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