Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ausnahmezustand in Pakistan: "Der Westen soll seine Scheinheiligkei…
> Wer glaubt, die Führung in Pakistan würde den Kampf gegen den Terror
> stärken, ist auf dem Holzweg, meint Militärexpertin Ayesha Siddiqa.
Bild: Bürgerrechtler werden nach Protesten gegen den Ausnahmezustand in Islama…
taz: Frau Siddiqa, was bedeutet Musharrafs Erklärung des Ausnahmezustands
für den Kampf gegen den Terror?
Ayesha Siddiqa: Gar nichts, obwohl der Ausnahmezustand genau damit
begründet wurde, die Kräfte zu stärken, die den Terrorismus bekämpfen. Es
gibt dafür aber keine Anzeichen, im Gegenteil. Die Extremisten und
Terroristen werden gestärkt. Eine Begründung Musharrafs war, dass die
Justiz Terroristen freigelassen und damit gestärkt hätte. Er berief sich
auf den Konflikt um die Rote Moschee. Damals hatte ein Richter entschieden,
dass die Moschee nach der Niederschlagung des Aufstandes wieder an ihre
frühere Leitung zurückgegeben werden müsse. Jetzt ist aber einer der vier
Obersten Richter, die jetzt von Musharraf im Amt belassen und auf die neue
Situation vereidigt wurden, genau jener Richter, der damals die Moschee an
ihre frühere Leitung zurückgegeben hat. Die liberalen Richter dagegen hat
Musharraf entlassen.
Was sollte der Westen, allen voran die USA, jetzt tun?
Der Westen sollte seine Scheinheiligkeit beenden. Wer im Westen glaubt, die
politische Führung in Pakistan würde den Kampf gegen den Terror stärken,
ist auf dem Holzweg. Vielmehr stärkt dieser Kampf gegen den Terror den
Extremismus, und das steht in der öffentlichen Wahrnehmung in diesem Land
im Zusammenhang mit dem Westen. Je stärker in Pakistan die
Militärherrschaft ist, desto mehr wird dadurch der Kampf gegen den
Terrorismus geschwächt.
Die USA haben versucht, ein Bündnis zwischen Musharraf und Bhutto zu
schmieden. Was bedeutet der Ausnahmezustand jetzt für dieses Bündnis?
Nichts. Es gibt zwei Wahrnehmungen: Eine lautet: Der General ist nervös,
weil bei Bhuttos Rückkehr so viele Leute auf die Straße gegangen sind.
Somit ist der Ausnahmezustand kein Zeichen von Stärke, sondern von der
Schwäche Musharrafs. Die andere Sichtweise ist, dass der Ausnahmezustand
ein Teil des Deals zwischen den beiden ist. Denn Bhutto muss sich wegen
Korruptionsverfahren genauso Sorgen um anstehende Gerichtsentscheidungen
machen wie Musharraf. Es sind jetzt viele Oppositionspolitiker festgenommen
oder unter Hausarrest gestellt worden, aber nicht Bhutto. Von daher
profitiert sie von der Ausschaltung der unabhängigen Justiz, und ihr Deal
mit Musharraf ist weiterhin gültig.
Schädigt das in der öffentlichen Wahrnehmung nicht Bhutto?
Die öffentliche Wahrnehmung und Wahlergebnisse sind in Pakistan zweierlei.
67 Prozent der Bevölkerung leben auf dem Land. Unser System basiert stark
auf feudaler Patronage, da geht es nicht um Glaubwürdigkeit. Es kann also
gut sein, dass es Wahlen gibt, in denen Bhuttos Partei mit dem Argument der
Rückkehr zur Demokratie an diesem abgekarteten Spiel teilnehmen wird. In
den Städten könnte dies in der Tat Bhuttos Ansehen schädigen, aber auf dem
Land wird sich das kaum auswirken.
In letzter Zeit machte Pakistans Militär einen demoralisierten Eindruck.
Stärkt der Ausnahmezustand jetzt das Militär?
Es wird wohl noch weiter demoralisiert werden. Der Ausnahmezustand geht
jetzt mit einer Medienzensur und Nachrichtensperre einher. Dies wird dem
Militär angelastet werden und es weiter schwächen. Es wird zu Brüchen im
Militär kommen.
Ist das der Anfang vom Ende der Ära Musharraf?
Es wird ein schmerzhafter Prozess sein und nicht so schnell passieren.
Musharraf und seine Günstlinge werden versuchen, sich an die Macht zu
klammern, es ist so ähnlich wie beim Militär in Birma. Jetzt ist eine Zeit,
in der jeder verantwortlich gemacht wird einschließlich der internationalen
Gemeinschaft. Es wäre ein Desaster, wenn die internationale Gemeinschaft
jetzt keine Verantwortung übernimmt.
INTERVIEW: SVEN HANSEN
4 Nov 2007
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ausnahmezustand in Pakistan: Staatsstreich Nummer 2
Pakistans Militärchef und Präsident Musharraf setzt die Verfassung außer
Kraft, legt die Wahlen auf Eis und lässt 500 Oppositionelle und Kritiker
verhaften.
Kommentar Ausnahmezustand in Pakistan: Die Hybris des Diktators
General Pervez Musharraf putscht zum zweiten Mal, weil er seine persönliche
Macht gefährdet sieht. Damit schafft er sich, neben dem drohenden
Islamismus, weitere Feinde.
Pakistan: Musharraf verhängt Ausnahmezustand
Pakistans Machthaber greift zu härteren Mitteln, um seine Macht zu sichern,
die er von islamistischen Extremisten und Oppositionsparteien bedroht
sieht. Die Wahlen wurden abgesagt und 500 Menschen verhaftet.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.