# taz.de -- Gentech-Pflanzen: Fehlende Messdaten für Gen-Mais | |
> Die ökologischen Folgen des Anbaus von insektenresistenten Gentech-Mais | |
> sind immer noch unklar. Eine standardisierten Messmethode gibt es immer | |
> noch nicht. | |
Bild: Wieviel Gift ist im Mais? Greenpeace fordert ein verlässliches Testverfa… | |
BERLIN taz | Zehn Jahre nach der ersten Genehmigung für den kommerziellen | |
Anbau von Gentech-Pflanzen in der EU gibt es hinsichtlich der | |
Risikobewertung zunehmend offene Fragen. So existiert für den seit 1998 | |
zugelassenen, ein Insektengift produzierenden Genmais MON810 "immer noch | |
kein verlässliches und standardisiertes Messverfahren, um den Giftgehalt in | |
den Pflanzen zu bestimmen", sagte der Gentech-Experte von Greenpeace | |
Christoph Then. | |
Greenpeace hatte diese Woche in Berlin eigene Untersuchungsergebnisse | |
vorgestellt. Der kommerzielle Anbau von MON810 müsse sofort gestoppt | |
werden, forderte Then, denn ohne verlässliche Testverfahren sei auch keine | |
Risikobewertung möglich. | |
Der vom US-Biotechnologiekonzern Monsanto entwickelte MON810 enthält ein | |
Gen aus dem Bakterium Bacillus thuringiensis, das ein für Insektenlarven | |
giftiges Protein produziert. | |
Es gibt eine ganze Reihe dieser Bt-Toxine, die je nach Insektenart | |
unterschiedlich wirken. Das im MON810 enthaltene Bt-Toxin Cry1Ab soll die | |
Pflanzen spezifisch vor den Raupen des Schmetterlings Maiszünsler schützen. | |
Verschiedene Studien in den letzten Jahren zeigten jedoch, dass das | |
Bt-Toxin nicht nur den Zielorganismus Maiszünsler schädigt, sondern auch | |
nützliche Insekten und Bodenorganismen beeinträchtigen könne. Für die | |
Zulassungsbehörden reichten diese Studien jedoch nicht aus, um die | |
MON810-Genehmigung in Frage zu stellen. | |
Greenpeace veranlasste daher eigene Studien. "Wir haben mit dem Projekt vor | |
zwei Jahren angefangen", erklärte der Greenpeace-Experte Then. "Eigentlich | |
wollten wir die Rückstände des Insektengifts im Boden messen, mussten aber | |
schnell feststellen, dass es keine standardisierten Messprotokolle dafür | |
gibt." | |
Stattdessen ließ Greenpeace dann die Giftkonzentrationen in verschiedenen | |
Pflanzenteilen von MON810 untersuchen -unter anderem Blätter, Wurzeln und | |
Körner. Die Proben stammten von verschiedenen Gentech-Feldern in | |
Deutschland. Aber auch hier gab es Probleme mit den Messmethoden. | |
Die beauftragte Züricher Firma EcoStrat wandte zwei verschiedene | |
Messmethoden an. Zum einen verwendeten sie einen kommerziell verfügbaren | |
Testkitt. Als zweite Methode nutzte EcoStrat das auch von Monsanto genutzte | |
Verfahren, zumindest so weit Daten darüber verfügbar waren. Das Ergebnis: | |
"Je nach Analysemethode schwankten die Messergebnisse für die Menge des | |
Insektizids in denselben Pflanzenteilen um bis zu hundert Prozent", so | |
Greenpeace. | |
"Wir waren sehr überrascht, als wir die Ergebnisse sahen", sagte Matthias | |
Meier, der bei EcoStrat die Messungen durchführte. Mit dem Messprotokoll | |
von Monsanto hatte EcoStrat "in der Regel" geringere Bt-Werte gemessen. Bei | |
den Ursachen ist Meier nur auf Vermutungen angewiesen. Denn einige | |
notwendige Angaben über das von Monsanto genutzte Messprotokoll fehlen. | |
Bekannt ist, dass die Messmethoden sehr sensibel auf Störfaktoren | |
reagieren. Da muss dann selbst die exakte Zusammensetzung der Messlösungen | |
bekannt sein, um die Ergebnisse reproduzieren zu können. | |
Bedenklich ist, dass auch den mit der Zulassung befassten Institutionen | |
nicht die von Monsanto verwendeten Messprotokolle in allen Einzelheiten | |
bekannt sind. Dort habe man sich einfach bei der Risikoabschätzung auf die | |
von Monsanto eingereichten Unterlagen verlassen, so die Kritik der | |
Umweltorganisation. Eigene Messungen, mit denen die Daten von Monsanto | |
überprüft wurden, konnten jedenfalls mit dem von Monsanto vorgelegten | |
Messprotokollen nicht durchgeführt werden. | |
"Es ist derzeit nicht möglich, verlässlich zu überprüfen, wie viel Toxin | |
der MON810-Mais wirklich produziert", so die Schlussfolgerung des | |
EcoStrat-Mitarbeiters Matthias Meier. Damit fehle auch eine wesentliche | |
Voraussetzung für die Risikobewertung, so Christoph Then. Von Seehofer | |
fordert er den Anbau sofort zu verbieten. | |
In Deutschland wurde der Monsanto-Mais in diesem Jahr auf rund 2.500 Hektar | |
angebaut. Im Frühjahr, kurz nach der Aussaat hatte | |
Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) zwar ein Vertriebsverbot | |
für das MON810-Saatgut angeordnet. Wegen ungeklärter Umweltrisiken und weil | |
Monsanto nicht, wie in den EU-Richtlinien verlangt wird, eine Anbau | |
begleitende Untersuchung über gesundheitliche und ökologische Folgen | |
durchführt. | |
Inzwischen hat Monsanto einen entsprechenden Monitoring-Plan eingereicht. | |
Auch an einer Standardisierung der Messmethode wird derzeit beim Verein | |
Deutscher Ingenieure (VDI) gearbeitet. Der Monitoring-Plan wird derzeit | |
überprüft. Ob er ausreicht, damit Seehofer den Vertriebsstopp für den | |
Gentech-Mais wieder aufheben lässt, ist noch unklar. | |
29 Nov 2007 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Löhr | |
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