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# taz.de -- UN-Konferenz auf Bali: Chefsache Klimaschutz
> Die Weltklimakonferenz ist ein großer Event mit bescheidener
> Tagesordnung. Es geht nicht um konkrete Ziele, allenfalls um einen
> Zeitplan für weitere Verhandlungen.
Bild: Schmelzendes Eis, ansteigende Meeresspiegel - Forscher warnen eindringlic…
Die Erwartungen sind gewaltig. Ein Jahr lang haben die Wissenschaftler des
Weltklimarats IPCC in mehreren Berichten das Ausmaß und die Auswirkungen
des drohenden Klimawandels beschrieben - Meeresspiegelanstieg und
Wüstenbildung, schmelzende Gletscher und Rückkehr von Krankheiten. Ökonomen
wie der Brite Nicholas Stern haben die enormen finanziellen Folgen
berechnet. Umweltverbände wie Unternehmen haben immer wieder international
verbindliche Regeln zum Klimaschutz gefordert. Die Politik schließlich
mahnte bei jeder Gelegenheit zum Handeln, beim G-8-Gipfel in Heiligendamm
ebenso wie bei der UN-Vollversammlung in New York. Und nun ist es so weit:
Am Montag beginnt auf der indonesischen Insel Bali die Weltklimakonferenz.
Rund 10.000 Teilnehmer werden dort erwartet, Delegierte und Parlamentarier
aus 190 Staaten, Lobbyisten aus Industrie, Wissenschaft und Umweltbewegung,
Umweltminister, Staatschefs und mindestens 1.000 Journalisten. Ein
Wahnsinns-Event.
Gemessen an der Erwartung, dass dort über die Zukunft des Planeten
entschieden wird, ist es eher ernüchternd, was in Bali tatsächlich auf der
Tagesordnung steht: Die Weltklima-Diplomatie verhandelt darüber, ob sie
sich auf einen Fahrplan für weitere Verhandlungen einigen kann - und zwar
für neue Klimaschutzregeln ab dem Jahr 2013.
Doch so zögerlich und langwierig ist dieser Zeitplan nun auch wieder nicht.
Angesichts der bisherigen Erfahrungen ist er sogar recht ambitioniert, was
selbst Umweltorganisationen wie Germanwatch einräumen. Vom ersten globalen
Umweltgipfel in Rio de Janeiro, der 1992 den UN-Klimaprozess einleitete,
vergingen fünf Jahre bis zur Klimakonferenz in Japan, die dem
Kioto-Protokoll seinen Namen gab. Vor genau zehn Jahren wurden dort
erstmals völkerrechtlich verbindliche Ziele für Industriestaaten
festgelegt. Sieben weitere Jahre dauerte es, bis dieses UN-Protokoll
tatsächlich in Kraft trat - erst dann war die Quote erreicht, auf die man
sich in Kioto geeinigt hatte. Erst im Jahr 2005 hatten die erforderlichen
55 Prozent der Staaten, die zudem für 55 Prozent der Klimagase
verantwortlich waren, das Vertragswerk ratifiziert.
Doch das mühsam erkämpfte Kioto-Protokoll war nur ein erster kleiner
Schritt. Es schreibt den Industriestaaten vor, ihre Treibhausgasemissionen
bis zum Jahr 2012 im Vergleich zu den Werten von 1990 im Schnitt um 5,2
Prozent zu reduzieren. Erst ein kleiner Teil davon ist erreicht, und auch
das vor allem wegen des Zusammenbruchs der osteuropäischen Industrie. Die
Europäische Union hatte von ihren versprochenen 8 Prozent bis 2005 gerade
mal 1,5 Prozent geschafft. Global steigen die Emissionen weiter; nach
Zahlen des IPCC betrug der Anstieg zwischen 1990 und 2004 etwa 25 Prozent.
Dieser Trend, da sind sich die Wissenschaftler einig, darf sich nicht mehr
lange fortsetzen. Ein Temperaturanstieg um zwei Grad bis zum Jahr 2100 ist
den UN-Wissenschaftlern zufolge der geringste Wert, der noch zu erreichen
ist - und zugleich der höchste, der als gerade noch verkraftbar gilt. Doch
um diese Grenze nicht zu überschreiten, müssen die weltweiten Emissionen
spätestens ab 2015 sinken und bis zum Jahr 2050 um 85 Prozent
zurückgegangen sein.
Damit eine Anschlussvereinbarung fürs Kioto-Protokoll 2013 starten kann,
muss eine neue Vereinbarung spätestens im übernächsten Jahr unterzeichnet
werden. Nur in diesem Fall kann sie von allen Ländern ratifiziert werden.
Scheitert die Konferenz von Bali, ist der Zeitplan nicht mehr einzuhalten.
"Wir müssen das Problem angehen, und zwar sofort", sagt der
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Auch er hegt "tiefste Befürchtungen, dass
das, was wir bisher tun, bei weitem nicht ausreicht".
Festgelegt werden soll in Bali das so genannte "Mandat" für die weiteren
Verhandlungen. Einigt man sich auf das Zwei-Grad-Ziel? Gelingt es, konkrete
Ziele für die Jahre 2020 und 2050 zu definieren? Wird es künftig Sanktionen
für jene Staaten geben, die ihr Ziel verfehlen? Und gibt es einen Konsens
darüber, dass sich alle Länder beteiligen - und wie die Lasten verteilt
werden?
Vor allem an der letzten Frage waren die Verhandlungen im vergangenen Jahr
in Nairobi gescheitert. Niemand wollte den ersten Schritt machen, jeder
zeigte auf den anderen. Die USA und Australien wollten keinerlei
Verpflichtungen übernehmen, solange nicht große Schwellenländer wie China
und Indien einbezogen würden. Die Schwellenländer, die bislang von eigenen
Reduktionen verschont sind, lehnten dies entschieden ab und verwiesen
darauf, dass die Industriestaaten pro Kopf ein Vielfaches an Kohlendioxid
ausstoßen. Und die Entwicklungsländer erwarteten finanzielle Unterstütztung
und konkrete Schritte der Industrieländer, bevor sie sich beteiligten.
Nicht nur der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel, der in der zweiten
Woche zu den Verhandlungen reisen wird, fordert ein Ende dieser
Taktiererei.
In Bali stehen die Chancen besser als in Nairobi. Nicht nur weil die
öffentlichen Erwartungen zugenommen haben und der Klimaschutz in vielen
Ländern inzwischen Chefsache ist. Sondern auch, weil die Europäische Union
mittlerweile tatsächlich eine Vorreiterrolle einnimmt. Mit ihrer Zusage,
die Emissionen bis 2020 einseitig um 20 Prozent zu senken - oder, für den
Fall einer Einigung, gar um 30 Prozent - hat sie für Bewegung gesorgt.
Zudem bröckelt die Front der Totalverweigerer unter den Industriestaaten.
In Australien ist Premierminister John Howard, der den Klimawandel trotz
Jahrhundertdürre im eigenen Land beharrlich ignorierte, gerade abgewählt
worden. Nach Bali wird sein designierter Nachfolger Kevin Rudd reisen, der
bereits angekündigt hat, das Kioto-Protokoll zu ratifizieren und weitere
Verhandlungen nicht zu blockieren. Und im nächsten Jahr wird auch George W.
Bush nicht mehr Präsident der USA sein. Egal wer auf ihn folgt: Eine
Einbindung des noch immer größten Klimasünders USA in die weiteren
Verhandlungen ist dann realistisch.
Vielleicht trägt auch der Ort der Tagung zu einer Einigung bei. Die
tropische Urlaubsinsel Bali, bekannt als "Insel der Götter", gilt als
Sinnbild für die Harmonie zwischen Mensch und Natur. Und auch die Bedrohung
ist in Indonesien mit seinen 17.000 Inseln und 80.000 Kilometern Küste zu
erleben. Nicht nur in Form von mehr Dürren, vor denen der WWF gerade
gewarnt hat. Durch Naturkatastrophen und Umweltzerstörung hat der Staat
bereits 24 Inseln ans Meer verloren, berichtete Meeresminister Freddy
Numberi in dieser Woche. Ohne Gegenmaßnahmen, so warnte er, könnten bis zum
Jahr 2030 rund 2.000 weitere verschwinden.
1 Dec 2007
## AUTOREN
M. Kreutzfeldt
N. Reimer
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