# taz.de -- Kein Sommerloch: Nah am Wasser gebaut | |
> Kaum eine andere Stadt hat so viele Küstenkilometer zu bieten wie New | |
> York. Bei 40 Grad kann man entspannt mit der U-Bahn zum Meer baden | |
> fahren. Hier vergisst man die Härten des New Yorker Sommers | |
Bild: Picknick am East River, Brooklyn | |
"New York glüht. New York schwitzt. New York trieft und dampft. New York | |
stinkt." So schrieb Klaus Mann einmal, der am New Yorker Sommer | |
offensichtlich keinen Gefallen fand. Dass dieser gewöhnungsbedürftig ist, | |
kann man in jedem Reiseführer nachlesen. Temperaturen um die 40 Grad und | |
eine Luftfeuchtigkeit von bis zu 90 Prozent sind keine Seltenheit. Für | |
viele Bewohner ist die drückende Hitze Anlass, die Stadt zu verlassen und | |
in Urlaub zu fahren. Andere schwören dagegen auf die Sommermonate. Weil das | |
drückende Klima die Stadt entvölkert und das Tempo drosselt, geht es | |
entspannter zu in der sonst so hektischen Metropole, während ein bunter | |
Reigen unterschiedlicher Open-Air-Events Daheimgebliebene bei Laune hält. | |
Der Bryant Park in Midtown wird zum Freiluftkino, die "Central Park Summer | |
Stage" lockt mit Stars der lokalen und internationalen Musikszene und in | |
Lower Manhattan wartet das "River to River Festival" mit einem vielfältigen | |
Unterhaltungsangebot auf. Dass in New York von einem kulturellen Sommerloch | |
keine Rede sein kann, hat sich auch bei Touristen herumgesprochen. Weniger | |
bekannt ist dagegen, dass New York auch für bade- und sonnenhungrige | |
Besucher viel zu bieten hat. Kaum eine andere Stadt der Welt hat so viele | |
Küstenkilometer zu bieten wie New York. Der Big Apple selbst verfügt über | |
rund 22 Kilometer Strand und jenseits der Stadtgrenzen laden einige der | |
schönsten Erholungsgebiete der amerikanischen Ostküste zum Entspannen ein. | |
Zu ihnen zählen Sandy Hook in New Jersey, das durch eine Fähre von | |
Manhattan zu erreichen ist, und natürlich die weitläufigen Strände von Long | |
Island. Hier sind es vor allem der mit Bus und Bahn leicht erreichbare | |
Jones Beach, das Gebiet der "Hamptons" mit den namensverwandten Städten | |
Southampton, Bridge Hampton und East Hampton sowie die vorgelagerte | |
Barriere-Insel Fire Island, die Besucher aus New York anziehen. | |
Während Jones Beach mit seinen zahlreichen Einkaufs-, Ess- und | |
Unterhaltungsmöglichkeiten eher dem Geschmack der Massen nachkommt und die | |
Hamptons als beliebtes Ferienziel wohlhabender und prominenter New Yorker | |
gelten, ist Fire Island als Aussteiger- und Szenedestination bekannt. Hier | |
entstand eine der ersten größeren Gay Communities der USA, und bis heute | |
ist die 48 Kilometer lange, aber nur wenige hundert Meter breite Insel ein | |
bevorzugtes Ausflugsziel der New Yorker Lesben- und Schwulenszene | |
geblieben. | |
Innerhalb der Stadtgrenzen New Yorks sind es vor allem die Stadtstrände in | |
den "Outer Boroughs", die zum Schwimmen, Faulenzen, Flanieren und manchmal | |
sogar zum Surfen einladen. Coney Island, im Süden Brooklyns gelegen, ist | |
vor allem wegen seiner historischen Vergnügungsanlagen bekannt. Sie gelten | |
als Geburtsstätte des Freizeitparks moderner Prägung und waren – wenn es | |
nach dem Architekten Rem Koolhaas geht – auch Vorbild für das moderne | |
Manhattan: ein Ort künstlicher Erfahrung, in der die Wirklichkeit und die | |
Natur aufhörten zu existieren. | |
Heute präsentieren sich weite Teile Coney Islands in einem desolaten | |
Zustand, aber für viele Besucher ist es gerade die eigentümliche Mischung | |
aus prallem Leben und Verfall, die den ehemaligen Vorreiter moderner | |
Freizeit- und Amüsierkultur sehenswert macht. Während Coney Island vor | |
allem an den Wochenenden der offiziellen Badesaison vom 27. Mai bis zum 4. | |
September von Menschenmassen regelrecht überschwemmt wird, geht es im | |
benachbarten Brighton Beach beschaulicher zu. | |
In dem über eine mit Holzbohlen ausgelegte Uferpromenade, den sogenannten | |
"Boardwalk", leicht zu erreichenden Viertel haben sich in den letzten | |
Jahrzehnten vor allem Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion | |
niedergelassen. Weil Brighton Beach seit geraumer Zeit verstärkt ins Visier | |
von Spekulanten geraten ist und Stadtteile ethnischer Konzentration im New | |
Yorker Stadtentwicklungskontext ohnehin nur in den seltensten Fällen auf | |
Dauer existieren, zeichnet sich allerdings ab, dass die als "Odessa by the | |
Sea" bekannte Enklave ihren Platz am Ufer des Atlantiks nicht auf ewig wird | |
halten können. Die attraktive Wohnlage hat sich herumgesprochen. | |
Ständiger Wandel ist auch eine der wenigen Konstanten der schräg gegenüber | |
von Brighton Beach gelegenen Halbinsel Rockaway, die zum Stadtteil Queens | |
gehört. Neureiche Bungalowsiedlungen und triste Hochhaussiedlungen liegen | |
hier nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Sie führen Besuchern die | |
wechselhafte Geschichte dieser Gegend vor Augen. Wirklich sehenswert sind | |
einzelne Abschnitte des 18 Kilometer langen Strandes der Landzunge, wie | |
etwa der Jacob Riis National Park. Er wurde wie der bereits erwähnte Jones | |
Beach von Robert Moses errichtet, der New York im frühen 20. Jahrhundert | |
als Bau- und Planungsbeauftragter mit ebenso wegweisenden wie umstrittenen | |
Infrastrukturprojekten in die städtebauliche Moderne führte. | |
Ähnlich wie der ebenfalls von Moses geplante und manchmal als "Riviera der | |
Bronx" bezeichnete Orchard Beach lässt sich auch der Jacob Riis National | |
Park mit öffentlichen Verkehrsmitteln relativ problemlos erreichen. Seit | |
Anfang Mai steuern sogar von der Stadt gesponserte Wassertaxis den Strand | |
von Manhattan aus an. | |
17 Dec 2007 | |
## AUTOREN | |
Johannes Novy | |
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