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# taz.de -- Streit nach dem Fahndungserfolg: Kinderporno-User zu früh gewarnt?
> Im größten Fall von Kinderpornografie gibt es 12.000 Verdächtige. Unter
> den Behörden ist nun ein Streit darüber entbrannt, ob die Öffentlichkeit
> zu früh informiert wurde.
Bild: Machen keinen Unterschied zwischen den Datenströmen.
Gerwin Zeibig ist für seine Internet-Kunden zuständig, und als solcher sagt
er: "Wir wollen unsere Kunden schützen." Bei dem Fall allerdings, der über
Weihnachten die Republik aufwühlte, sah Zeibigs Internet-Provider Strato AG
kein Schutzbedürfnis mehr. Strato soll Polizei und Staatsanwaltschaft einen
Hinweis auf Kinderpornografie gegeben haben. Seitdem checken
Staatsanwaltschaften die Seiten von 12.000 verdächtigen Kunden. Es ist der
größte Fall von Kindesmissbrauch im Internet in Deutschland.
Die Polizeiaktion unter dem Namen "Himmel" läuft bereits seit Monaten. Der
als Kinderpornoermittler bekannte Hallenser Oberstaatsanwalt Peter Vogt
(siehe Porträt) machte sie öffentlich, als er auf Nachfrage der
Mitteldeutschen Zeitung Ermittlungen in insgesamt 70 Ländern bestätigte.
Viele der Verdächtigen sind in der Bundesrepublik aktiv - in
Baden-Württemberg 1.700, in Bayern 1.900, in Sachsen-Anhalt einige hundert.
Vogt sagte der Mitteldeutschen, der Provider habe einen enormen
Datenverkehr festgestellt. Bei der Analyse der Daten habe sich
herausgestellt, dass es sich um Zugriffe auf ein kinderpornografisches
Portal handelte. Im Sommer habe Sachsen-Anhalt von Berlin die Akten
bekommen. "Das Material wurde geprüft. Daraufhin haben wir Durchsuchungen
beantragt", sagte Vogt, der die Zentrale Ermittlungsstelle zu
Kinderpornografie leitet.
Im Zuge der "Himmel"-Ermittlungen gab es bereits spektakuläre Fälle. In
Berlin flogen vier Polizisten als Nutzer auf, in Merseburg musste gar der
Oberbürgermeister seinen Stuhl räumen - auch seine Datenspuren waren den
Ermittlern aufgefallen. Reinhard Rumprecht (parteilos) wollte sich darauf
herausreden, er sei zufällig auf die Seiten geraten und habe die fiesen
Bildchen nicht angesehen. Dann fanden die Fahnder 71 selbst gebrannte CDs
in Rumprechts Haus, darauf Bilder, die den sexuellen Missbrauch von Kindern
zeigen. Staatsanwalt Vogt hatte damals die Zufallsversion des
Stadtoberhaupts zurückgewiesen. "Ich muss mich zuvor entscheiden, will ich
mir das ansehen oder nicht."
Vielleicht allerdings hat der berühmte Hallesche Staatsanwalt diesmal ein
Wort zu viel gesagt. Der Sprecher des bayerischen Landeskriminalamts, Peter
Burghardt, zeigte sich "enttäuscht, dass jetzt solche Medienarbeit
betrieben wird". In Bayern sei erst ein Drittel der Verfahren
abgeschlossen, bei "weit mehr" als 1.000 Beschuldigten müsse noch geprüft
werden. "Wir wollten die nicht vorwarnen", sagte Burghardt. Mit der Sache
geht es den bayerischen Strafverfolgern wie den anderen: Sie sind
geschockt. Die Dimension des Skandals sei enorm, so der Sprecher. "So was
ist uns noch nicht untergekommen." Alle mutmaßlich Beteiligten an einem
einzigen Tag mit Razzien zu überraschen, sei wegen des Ausmaßes nicht
denkbar gewesen.
Als ungewöhnlich gilt auch die Zusammenarbeit von Internet-Provider und
Polizei. Allerdings hat es sich die Strato AG zur Geschäftspolitik gemacht,
Missbrauch im Netz nicht zuzulassen (siehe Interview). Strato-Vorstandschef
Damian Schmidt ist zugleich zweiter Vorsitzender der Initiative No Abuse in
Internet (Naiin). Sie will in Kooperation mit Dritten die Öffentlichkeit
sensibilisieren und Kindesmissbrauch sowie den Handel mit Kinderpornografie
im Internet aktiv bekämpfen. Strato hat dies offenbar umgesetzt, zu einer
Stellungnahme war Schmidt nicht zu erreichen.
Staatsanwalt Vogt warnte Internetnutzer am Mittwoch eindringlich, dass sie
bei Kinderpornografie schnell ins Visier der Ermittler geraten. "Schon wenn
zielgerichtet mit bestimmten Begriffen nach Kinderpornografie gesucht wird,
macht man sich strafbar." Internetnutzer, die Mails mit
kinderpornografischen Inhalten erhielten, sollten sich bei der Polizei
melden.
26 Dec 2007
## AUTOREN
Christian Füller
## TAGS
Sexualisierte Gewalt
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Vielleicht hat er diesmal zu früh die Öffentlichkeit informiert. Doch
ansonsten muss sich der Oberstaatsanwalt nichts vorwerfen lassen. Er ließ
schon mehrere Kinderpornoringe auffliegen.
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