Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Müllkrise in Neapel: Prodis brennendstes Problem
> Die Müllkrise in Neapel zwingt Italiens Regierung jetzt zum Handeln. Noch
> eine derartige Krise kann sich Regierungschef Prodi nicht leisten. Er
> würde sein Land und sich selbst der Lächerlichkeit preisgeben.
Die höchsten Abfallgebühren in ganz Italien, das größte Heer von
Müllmännern: Wenn es mit normalen Dingen zuginge, müsste Neapel vor
Sauberkeit blitzen. Stattdessen ersticken die Stadt und die Region
Kampanien in Dreck und Gestank, wieder einmal. Mit dem Begriff "Notstand"
kommt man da nicht weiter. Denn mit Notstand bezeichnet man gewöhnlich eine
Ausnahmesituation, wenn die Erde bebt oder Fluten über die Ufer treten.
Von einer unvorhersehbar eingetretenen Notlage aber kann in Kampanien keine
Rede sein. Milliarden wurden dort in die Abfallwirtschaft investiert, doch
um effiziente Müllbeseitigung ging es dabei zuallerletzt. So berichtet der
Corriere della Sera, dass in Neapel der Müll zwar nicht weggeschafft wird,
dafür aber dutzende Menschen bei einer staatlich finanzierten Müll-Hotline
beschäftigt sind, bei der niemand anruft. Eben dies war über Jahre die
Philosophie: Unternehmer und Mafiosi konnten sich Milliardengewinne
sichern, Politiker besorgten treuen Wählern Arbeitsplätze bei den
Abfuhrunternehmen, die Regierung pumpte immer neue Millionen ins
"Notstands"-Gebiet - und das Geschäft lief gerade deshalb so wunderbar,
weil es nach dem Kriterium höchstmöglicher Ineffizienz organisiert ist.
Damit will Romano Prodi jetzt Schluss machen. Gewiss, markige Worte aus
Rom, wenn es die Berge stinkenden Drecks mal wieder weltweit in die
Nachrichtensendungen geschafft hatten, gehörten auch bisher zum üblichen
Krisenprozedere. Doch diesmal scheint die Regierung endlich wirklich zum
Handeln entschlossen, und der Einsatz der Armee wurde dafür zum
symbolischen Ausweis. Die direkte Intervention der Regierung in die
Müllkrise ist die letzte Chance für Italiens Mitte-links-Lager. Sie regiert
die Region, die Provinz Neapel, und die Stadt mit soliden Mehrheiten, und
hat doch an der Müllfront völlig versagt.
Ministerpräsident Romani Prodi hatte den Italienern effizientes und
bürgernahes Regieren versprochen. Er weiß nur zu gut, dass er sich einen
weiteren "Notstand", im nächsten Sommer zum Beispiel, nicht leisten kann:
Er würde nicht nur sein Land, sondern auch sich selbst endgültig der
Lächerlichkeit preisgeben.
8 Jan 2008
## AUTOREN
Michael Braun
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.