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# taz.de -- Elfenhaft leichtfüßig: Unberührter Schnee
> Für viele ist es eine schöne Alternative zum Skifahren, oft führen die
> Touren direkt in den Sonnenuntergang hinein: Mit den Schneeschuhen
> unterwegs im weißen Meer der Viertausender
Bild: Schneeschuhwanderung
"Als ich den Job hier im Hotel Riffelberg annahm", schwärmt Ricarda Bethke,
"hat mich dieses Panorama gelockt." Viertausender satt. So weit das Auge
blickt. Und gerade gegenüber die einsame Pyramide des Matterhorns. Das
Erste, was sie tat, war, ihr Bett so zu stellen, dass sie beim Einschlafen
und Wachwerden diese bleiche Zipfelmütze gleich Fenster füllend vor Augen
hat.
Von der Terrasse des Hotels aus, zu Fuß oder aus der Seilbahn hoch zum
Gornergrat - Matterhorn, immer wieder Matterhorn. Und wenn man mit den
Schneeschuhen ein paar Meter abseits der Skipisten stapft, glaubt man sich
mitten im Meer der Eisriesen schnell alleine mit dem Koloss.
Die Quadratlatschen nehmen der zarten Marathonläuferin nichts von ihrer
elfenhaften Leichtfüßigkeit. Und für sie, die sich im Sommer beim Jungfrau-
oder Matterhorn-Marathon die Bergwelt laufend erobert, ist eine zünftige
Schneeschuhwanderung wie für andere ein Sonntagsspaziergang.
"Die ist bestimmt von Beruf Lehrerin", raunt eine alte Dame im Hintergrund,
als Ricarda die altersmäßig bunt gemischte Gruppe locker vorbei an der
Riffelbergkapelle und in großen Schleifen durch den unberührten glitzernden
Schnee führt. Mit Ricarda macht das einfach nur Spaß und keine Mühe, obwohl
es lange Zeit bergauf geht. Dicht bleibt die Gruppe beieinander. Dort, wo
das steil aufstrebende Riffelhorn den Weg flankiert, ist auch noch ein See,
der jetzt mit Eis und Schnee bedeckt ist. Nicht mehr weit ist es nach
Rotenboden, der Haltestelle der Gornergratbahn.
Eisig zieht sich der Firn des Theodulgletschers in der Höhe Richtung
Italien. Klein Matterhorn, Breithorn, Castor, Pollux, Monte Rosa.
Schweigend grüßt die Alpenprominenz.
"Für mich ist das hier wie eine Auszeit", strahlt die 43-jährige Ricarda
und blickt in die Runde der großen Gletscherriesen. Der Genuss blitzt aus
ihren braunen Augen. Man muss schon genau hinhören, will man den
sächsischen Einschlag in ihrer Sprache heraus hören. Ja, die Mutter zweier
nahezu erwachsener Kinder ist in der Nähe von Dresden geboren. Weil ihr
Mann in einem kleinen Ort bei Solothurn eine Anstellung als Pfarrer fand,
zogen sie vor vier Jahren in die Schweiz.
Gerade eben wurde sie von ihrer Stelle in einer Kunstgalerie
wegrationalisiert. Ungewöhnlich, dass sie nun eine Saison lang für das
Hotel Riffelberg tätig sein möchte? Das war immerhin Mitte des 19.
Jahrhunderts das erste Hotel auf dem Berg (2.582 m), als in Zermatt mit der
Erstbesteigung des Matterhorns das goldene Zeitalter des Alpinismus
anbrach. René Foster, der Direktor dieses altehrwürdigen Hauses, ist wie
Ricarda Marathonläufer. Als er hörte, dass sie gerade "frei" ist, bot er
ihr eine Tätigkeit an der Rezeption an und die Möglichkeit,
Schneeschuhtouren zu begleiten. Die stehen nämlich seit mehreren Jahren auf
dem Programm seines Hotels. Für seine Gäste ist das eine schöne Alternative
zum Skifahren. Abseits vom großen Trubel.
In Anbetracht von 300 Kilometer Pistenvergnügen zieht es im Winter vor
allem Skifahrer nach Zermatt. Erst recht, wo sich seit diesem Winter auch
noch die letzte Lücke im Verbund der drei Skigebiete geschlossen hat. Die
neue Seilbahn führt geradewegs nach Riffelberg und auch der Skilift geht am
Haus vorbei. Schneeschuhtouren sind eher eine Art Geheimtipp.
Foster bietet sie immer freitags an, und meistens führen sie direkt in den
Sonnenuntergang hinein. Manchmal vorbei an den Iglus, manchmal hoch zum
Gornergrat (3.089 m) - einem der schönsten Aussichtsplateaus in den Höhen
von Zermatt. Je nach Interesse und Ausdauer der Gruppe. Immerhin sind bis
zum Gornergrat 500 Höhenmeter zu bewältigen. Da ist es eine Überlegung
wert, ob man nicht lieber den Weg bequemer in die umgekehrte Richtung, den
Berg hinunter machen will.
Ricarda ist das einerlei. Sie hat die Tour, für die bei der Abwärtspassage
offiziell gut zwei Stunden angegeben werden, aufwärts auch schon ohne
Schneeschuhe in einer Stunde geschafft. Danach geht es wieder an die
eigentliche Arbeit. Das Haus ist ausgebucht.
So eine Schneeschuhtour ist dann wie eine Verschnaufpause für sie. Und
schließlich ist ihr ja eines sicher: Auch nach einem noch so stressigen Tag
schaut die Entschädigung des Abends, wenn sie im Bett liegt, zum Fenster
herein.
30 Jan 2008
## AUTOREN
Kornelia Stinn
## TAGS
Reiseland Schweiz
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