Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gemäßigt gegen evangelikal: Carter will Protestantismus retten
> Ex-Präsident Jimmy Carter will den US-amerikanischen Protestantismus auf
> einer Megakonferenz in Atlanta wieder ins rechte Licht rücken – kurz vor
> dem „Super-Tuesday“.
Bild: Fromm, aber gemäßigt: Ex-Präsident Jimmy Carter
Ex-Präsident Jimmy Carter, selbst frommer Baptist und Bibellehrer aus dem
US-Bundesstaat Georgia, hat sich an die Spitze einer Rettungsbewegung für
das Image des US-amerikanischen Protestantismus gestellt. Schon lange
leiden die gemäßigten Protestanten Nordamerikas am fundamentalistsichen
Furor der Evangelikalen, die meinen, den Protestantismus sozusagen
„gepachtet“ zu haben. So will Jimmy Carter, gemeinsam mit seinen
Glaubensbrüdern und -schwestern, auf einer Megakonferenz in Atlanta nun
drei Tage lang etwas gegen die Dominanz der übermächtigen Southern Baptist
Church unternehmen. Der zeitliche Nähe zum „Super Tuesday“, dem
Super-Wahltag am 5. Februar, bei dem auch der evangelikale Kandidat und
Baptistenprediger Mike Huckabee antritt, sei Zufall heißt es. Dennoch ist
in einem religiös so aufgeladenen Land wie den USA Carters Initiative
unweigerlich hochpolitisch.
Die Southern Baptist Church wurde in den 80er Jahren systematisch von
stramm konservativ gesinnten religiösen Fundamentalisten unterwandert. Die
zögerten nicht, alsbald die Seminare und Kirchengemeinden von liberalem und
moderatem Gedankengut zu säubern. Sie verlangten stärkere Bibeltreue und
zum Beispiel die Unterwerfung der Ehefrau unter den Willen des Ehemannes.
Heute sind die Southern Baptists mit rund 16,3 Millionen Mitgliedern die
größte – und radikalste protestantische Kirche der USA. Die nördlichen und
die südlichen Baptisten trennten sich 1845 voneinander, als sich
Nordbaptisten weigerten, Missionare des Südens, die selbst Sklavenhalter
waren, zu unterstützen.
Bereits am Mittwoch kamen rund 10.000 moderate und liberale Baptisten zu
einem dreitägigen Treffen in Atlanta, im US-Bundesstaat Georgia, zusammen.
Unter dem Konferenz-Motto „Würdigung eines neuen baptistischen Abkommens“
soll zwar keine neue Kirche gegründet werden. Doch hat das Treffen zum
Ziel, neue Predigtämter zu schaffen, die in Abstimmung miteinander einen
größeren und gemäßigteren Einfluß ausüben wollen.
„Wir wollen zeigen, dass wir jenseits alter Meinungsverschiedenheiten auch
harmonisch miteinander arbeiten können,“ sagte Jimmy Carter der
Nachrichtenagentur ap kürzlich. Außer Carter wollen auch andere prominente
Baptisten bei dem Treffen als Redner auftreten. Darunter Ex-Vizepräsident
Al Gore und Ex-Präsident Bill Clinton. Der gegenwärtige
Präsidentschaftsbewerber bei den Republikanern, der frühere Gouverneur von
Arkansas Mike Huckabee hatte zunächst zugesagt, dann aber wieder abgesagt,
ebenso der republikanische Strippenzieher, Senator Lindsay Graham aus South
Carolina.
Die Veranstalter befürchten, dass das Treffen, so kurz vor dem politischen
„Super-Dienstag“ als eine Wahlkampfveranstaltung der Demokraten gesehen
wird. Zuvor hatte der Präsident der Southern Baptist Church, Frank Page,
öffentlich gesagt, dass er „nicht Teil einer links-liberalen
Vorzeige-Agenda sein werde“. Nachdem Jimmy Carter ihn persönlich angerufen
hat, mäßigte sich Page, blieb dem Treffen, zu dem er eingeladen worden war,
aber dennoch fern. Andere sagten, dass Carter versuche, den Begriff Baptist
an sich zu reißen und liberal umzudeuten.
Die in Atlanta tagenden rund 30 Glaubengruppen repräsentieren eine große
Spannbreite von politischen und religiösen Fraktionen. Zu den Organisatoren
gehören neben Latinos erstmals auch die vier afroamerikanischen
Baptistenkirchen des Landes. Aus ihnen waren die prominentesten
Bürgerrechtler wie Martin Luther King hervorgegangen. „Das ist das erste
Mal in 160 Jahren, dass weiße und schwarze Baptisten zu einem gemeinsamen
großen Treffen gekommen sind,“ sagte Carter. Gemeinsam werde man sich vor
allem mit sozialen Fragen wie Armut, Gesundheit und Predigtmethoden
befassen.
31 Jan 2008
## AUTOREN
Adrienne Woltersdorf
## TAGS
Jimmy Carter
USA
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ex-US-Präsident Jimmy Carter: Jimmy Carters Krebserkrankung
Schwer an Krebs erkrankt, verzichtet der 98-Jährige auf weitere Behandlung
und hat das Krankenhaus verlassen, um im Kreis seiner Familie zu sein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.