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# taz.de -- Neil Young und die alten Männer: Der Protestsong kommt zurück
> Neil Young hat mit "CSNY - Déjà vu" einen persönlichen, wirren und
> interessanten Film über seine Antikriegsaktivitäten und die Tour mit
> Crosby, Stills, Nash & Young gemacht.
Bild: David Crosby als Majestix, Stephen Stills ganz der späte Jürgen von der…
Dies sind die anderen alten Männer. Die, deren Körper sich nicht gehalten
haben. Stattdessen schauen sie an ihren monströs ausgebeulten Plautzen
herunter und suchen ihre Gitarren. Dafür haben sie ein Anliegen. Es ist
ihnen nicht alles egal. Sie tragen ihre Lächerlichkeit, wie sie einst ihr
Rebellentum getragen haben. Am Anfang von Bernard Shakeys (das ist Neil
Young) Film "CSNY - Déjà vu" ist das geradezu sexy. David Crosby als
Majestix, Stephen Stills ganz der späte Jürgen von der Lippe. Später wird
man irgendwann ein, zwei massive Männerkörper zu viel gesehen haben, die
sich krachend und sentimental auf ihre riesigen Rücken kloppen.
Neil Young hat 2003 schon zum Krieg gegen den Krieg geblasen. Er hat ein
kostenlos im Netz verfügbares Album aufgenommen, das dazu aufruft, George
W. Bush des Amtes zu entheben, hat seine alte Band Crosby, Stills, Nash &
Young reaktiviert, ist von Talkshow zu Talkshow gejagt, hat eine
Internet-Antikriegszeitung und einen Internet-Antikriegs-Fernsehsender
initiiert - und von all dem berichtet dieser Film. Atemlos, bewegend, ein
bisschen irre. Die mehrfach vorgetragene Maxime von Neil Young und David
Crosby lautet, dass man sich politisch engagieren müsse, wenn es wirklich
nötig sei. Man solle nicht nach einem politischen Thema suchen, man soll
die Musik nicht dauerhaft politisieren. Aber wenn es reicht, dann reicht
es. Der Irakkrieg sei so ein Ding, parallelisierbar natürlich mit Vietnam.
Und das Schicksal der amerikanischen Soldaten sei vergleichbar mit dem
Massaker an Studenten der Kent State University in Ohio durch die
Nationalgarde, auf das Young 1970 mit einem berühmten CSNY-Song reagiert
hatte.
So beeindruckend der heilige Zorn dieser Männer, so problematisch natürlich
die Idee der Kultur als Feuerwehr der Politik. Immer wieder wird geseufzt,
was aus der amerikanischen Öffentlichkeit der Sechziger geworden ist, als
ein scharfer Topical Song noch nicht das Ende der Karriere bedeutete. Tja
Leute, kann man da nur sagen, ihr habt halt keine Topical Songs mehr
geschrieben, da sind sie verschwunden. Ihr hattet dafür auch gute Gründe,
und gerade Neil Young hat sich zwischendurch mit ebenso oft brillanten wie
beknackten Antworten auf die Frage nach dem Stand der Dinge zu Wort
gemeldet. Die Frage, warum im Publikum so viele von den
Anti-Bush-Botschaften angewidert sind, muss aber auch die Musik
beantworten, die in der Zwischenzeit gemacht wurde.
Neil Youngs sehr persönliche, wirre, einnehmende Handschrift, die einen
durch dieses Durcheinander führt: eine Mischung aus einem ernsthaft die
Proto-Politik von Emotion, Musik, Bildern, Netzkultur, Fernsehen und
Körpern erforschenden Filmtagebuch, einer sich selbst moderierenden
Michael-Moore-Nummer und großzügiger Bereitstellung von Zeit und
Filmmaterial für alle Beteiligten. Neben all den Aktivisten, Veteranen und
Witwen dürfen auch die Rechten reden. Und es wird viel geweint. Die Aufgabe
der Kunst, so sagt es David Crosby apodiktisch, sei es, die Leute etwas
fühlen zu lassen, egal was. Fühlen - genau das machen die Leute hier.
9 Feb 2008
## AUTOREN
Diedrich Diederichsen
## TAGS
Musik
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