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# taz.de -- Dänische Mohammed-Karikaturen: Solidarität nach Mordkomplott
> Nach den aufgedeckten Plänen für einen Mordanschlag auf einen
> Karikaturisten zeigen sich die dänischen Zeitungen solidarisch. Die
> Ermittlungen hingegen verwundern eher.
Bild: Solidarität zuhauf in Dänemark: solidarische Tageszeitungen mit einem N…
STOCKHOLM taz Elf dänische Tageszeitungen erschienen am Mittwoch -
teilweise auf den Titelseiten - mit einem demonstrativen Nachdruck der
Mohammed-Karikatur des Zeichners Kurt Westergaard. Damit wollten sie
Solidarität mit dem von einem angeblichen Mordkomplott betroffenen
Karikaturisten der Jylland-Posten zeigen und gleichzeitig ein Signal
setzen: "Wir wollen damit demonstrieren, dass der Terror letztendlich
machtlos ist", erklärte Toger Seidenfaden, Chefredakteur der liberalen
Politiken, so kontrovers man über die Mohammed-Karikaturen auch debattieren
könne.
Was den konkreten Inhalt der Drohungen gegen Westergaard angeht, hielten
sich Verfassungsschutz und Polizei weiterhin bedeckt. Deren eigene
Einschätzung, man habe in einem frühen Vorbereitungsstadium und präventiv
zugeschlagen, so dass man kein Material für eine Anklage habe, weckte aber
Verwunderung. Kündigte man doch gleichzeitig an, die zwei der drei
vorläufig festgenommen Männer, welche keine dänische Staatsangehörigkeit
besitzen, ohne Prozess in ihre Heimat Tunesien ausweisen zu wollen. Die
22-jährige dänische Ehefrau eines der beiden Tunesier, der 36 Jahre alt
ist, seit acht Jahren in Dänemark lebt und eine permanente
Aufenthaltserlaubnis besitzt, trat am Mittwoch vor die Presse, zeigte sich
zutiefst schockiert und von der Unschuld ihrer Mannes überzeugt.
Es gibt die Vermutung, dass Polizei und Verfassungsschutz keinen Prozess
wollen, um entweder ihre Arbeitsweise nicht aufdecken zu müssen, oder
Quellen bzw. internationale Kontakte zu schützen. Dafür spricht, dass man
einen juristischen Trick wählte, um die gerichtliche Prüfung für das
Vorliegen der Voraussetzungen einer Untersuchungshaft umgehen zu können.
Der verdächtige dänische Staatsbürger wurde gleich nach einem kurzen Verhör
wieder auf freien Fuss gesetzt, die beiden Tunesier nach
ausländerrechtlichen Bestimmungen vorläufig festgenommen - einem
verwaltungsrechtlichen, nicht strafrechtlichen Verfahren.
Einwanderungsministerin Birthe Rønn Hornbech kündigte eine "rein
administrative" Ausweisung wegen Gefahr für die Sicherheit des Staates
aufgrund der Antiterrorgesetzgebung an.
Rechtspolitische Sprecher der linken "Einheitsliste", der Linkssozialisten
und der liberalen "Radikalen" kritisierten diese Absicht. "Wir sollten das
ordentlich gerichtlich machen und damit demonstrieren, dass die Demokratie
dem Terrorismus überlegen ist", meinte Emil Ammitzbøll, Sprecher der
"Radikalen". Und auch die Tageszeitung "Politiken" kommentierte: "Eine
solche Vorgehensweise demonstriert Ohnmacht vor dem Terrorismus, anstatt
Überlegenheit." Während die konservativen Regierungsparteien von einer
"vernünftigen" Handhabung sprachen und bekundeten, sie hätten Vertrauen in
die Arbeit des Verfassungsschutzes. Henrik Stagetorn, Vorsitzender der
Rechtsanwaltsverbands "Landsforeningen af Beskikkede Advokater" verurteilt
die Umgehung der Gerichte als Gefahr für die Rechtssicherheit: "Dann kann
man ja nie erfahren, ob es überhaupt Beweise für die Anschuldigungen gibt."
Der bald 73-jährige ehemalige Deutschlehrer Kurt Westergaard selbst lebt
nach eigenen Angaben seit der Aufregung um die Publizierung seiner
Karikatur vor zwei Jahren unter dauernden Drohungen und mit dem
Verfassungsschutz PET als nahezu ständigem Begleiter. Im November letzten
Jahres, als die Polizei auf die Spur des angeblichen Mordkomplotts gegen
ihn gekommen war, habe eine regelrechte Odyssee eingesetzt, berichtete er.
Er sei gezwungen gewesen mit seiner Frau inkognito und unter ständig
wechselnden Adressen zu leben. Rühmt aber nun den Verfassungsschutz für
diesen Einsatz: "PET hat mein Leben gerettet."
Die nun aufgedeckten Todesdrohungen gegen den Karikaturisten sind nur die
Spitze eines Eisbergs, meint Jakob Elkjær, Redakteur von Journalisten, der
Zeitschrift des dänischen Journalistenverbands. Es habe sich eine
regelrechte "Drohungskultur" entwickelt, die offenbar immer weiter
eskaliere. Allein bei Jyllands-Posten seien im Gefolge der Veröffentlichung
der Mohammed-Karikaturen "mehrere Hundert" konkrete Todesdrohungen
eingegangen. Und auch mehr als zwei Jahre nach diesen Veröffentlichungen
setze sich das fort. Doch auch Berichterstattung über politischen
Extremismus oder Wirtschaftskriminalität ziehe regelmässig einen Schwarm
von Drohungen nach sich: "Es hilft da nur, alles konsequent öffentlich zu
machen und bei der Polizei anzuzeigen."
13 Feb 2008
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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