Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Australien entschuldigt sich bei Aborigines: Kleines Wort mit groß…
> Australiens Premier Kevin Rudd sagt "sorry" - die erste offizielle
> Entschuldigung bei den Aborigines für Zwangsadoption, Vertreibung und
> Herabsetzung. Doch reichen Worte?
Bild: "Sorry", ein angemessenes Wort für eine Tragödie?
CANBERRA taz Es waren Sätze, auf die tausende von Aborigines Jahrzehnte
lang gewartet hatten. Am Mittwoch sprach sie der australische
Premierminister Kevin Rudd im Parlament aus: "Für den Schmerz, das Leid und
die Verletzung dieser gestohlenen Generationen, ihrer Nachkommen und für
ihre zurückgelassenen Familien sagen wir sorry. Den Müttern und den Vätern,
den Brüdern und den Schwestern, den zerbrochenen Familien und Gemeinden
sagen wir sorry. Und für die Erniedrigung und Herabsetzung, die einem
stolzen Volk und einer stolzen Kultur zugefügt wurden, sagen wir sorry."
Die Entschuldigung wurde nicht nur im Parlament, sondern von tausenden
Fernsehzuschauern im ganzen Land mit tosendem Applaus begrüßt. Vor dem
Parlamentsgebäude umarmten sich weiße und indigene Australier. Viele
weinten, von den Emotionen überwältigt, als Rudd sich "als Premierminister,
im Namen der Regierung, im Namen des Parlaments" an die Opfer einer Politik
wandte, die zur Zerstörung tausender Familien geführt hatte. Mindestens
100.000 Kinder von Aborigines waren zwischen 1900 und 1974 oft unter Zwang
ihren Eltern weggenommen worden, um sie in die weiße Gesellschaft zu
integrieren. Der rassistisch motivierte Versuch der Anpassung endete für
die sogenannte Gestohlene Generation in vielen Fällen mit Ausbeutung,
sexuellem Missbrauch und Gewalt. Tausende von Familien wurden zerrissen.
Bis heute suchen die Betroffenen und ihre Nachkommen nach ihren Wurzeln,
viele fühlen sich weder in der weißen noch in ihrer traditionellen Welt zu
Hause.
Die offizielle Entschuldigung - die erste Handlung der neuen Regierung nach
den Wahlen vom November - wurde von der konservativen Opposition nach
langem Zögern mitgetragen. Oppositionsführer Brendan Nelson zog aber die
Wut vieler Betroffener auf sich, als er in seiner Rede unter anderem
implizierte, die Zwangsintegration sei auch zum Wohle der Kinder geschehen.
Kevin Rudd sagte in seiner Rede, dass das "Symbol" einer Entschuldigung nur
der Anfang sein könne: "Wir werden nicht an unseren Worten gemessen,
sondern an Taten." Eine finanzielle Entschädigung der Opfer lehnt Rudd
jedoch strikt ab. Dagegen forderte er die Opposition auf, sich an einer Art
überparteilichem "Kriegskabinett" zur Verbesserung der Lebensbedingungen
der Ureinwohner zu beteiligen. Die Entwurzelung Tausender über mehrere
Generationen ist nach Ansicht von Experten mitverantwortlich für die weite
Verbreitung von Alkoholismus, schlechter Ernährung, Arbeitslosigkeit und
Depressionen unter den australischen Ureinwohnern. Wegen chronischer, sonst
nur in Drittweltländern vorkommender Krankheiten sterben Ureinwohner im
Schnitt 17 Jahre früher als die Durchschnittsaustralier.
13 Feb 2008
## AUTOREN
Urs Wälterlin
## TAGS
Australien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Parlament erkennt Ureinwohner an: Die neuen alten „ersten Australier“
Das Parlament hat beschlossen, Aborigines und andere Ureinwohner als „erste
Australier“ anzuerkennen. Dieser Status soll Teil der Verfassung werden.
Australien entschuldigt sich: Albtraum der Aborigines
Zwischen 1900 und 1973 entriss die australische Regierung 100.000
Aborigine-Kinder ihren Eltern. Die kulturelle Entwurzelung wirkt sich bis
heute aus.
Kommentar Aborigine-Entschuldigung: Leere Symbolik
Australien will sich für den Raub von rund 100.000 Aborigine-Kindern
entschuldigen. Gut so. Allerdings sollte die Regierung auch Taten folgen
lassen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.