# taz.de -- Bevölkerungsentwicklung: Migranten retten Berlin | |
> Die Einwohnerzahl Berlins wird bis 2030 nur leicht sinken. Grund dafür | |
> ist der Zuzug junger Ausländer. Er gleicht die niedrige Geburtenraten | |
> fast aus. | |
Bild: Jede Menge Nachwuchs | |
Die BerlinerInnen werden zwar älter, aber nicht merklich weniger: Was den | |
demografischen Wandel angeht, "ist Berlin ein Gewinner in Deutschland und | |
Europa", erklärte die Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer | |
(SPD), am Mittwoch bei der Vorstellung der Bevölkerungsprognose bis 2030. | |
Hauptgrund für die relativ konstante Bevölkerungszahl sei die große | |
Anziehungskraft der Stadt für junge Menschen, so die Senatorin. "Berlin ist | |
ein attraktives Zuwanderungsziel - und davon profitiert die gesamte Stadt." | |
Zwar sind auch in Berlin die Einwohnerzahlen tendenziell rückläufig: So | |
hatte die Stadt Ende 2006 laut Statistik 3,404 Millionen Einwohner, 2030 | |
sollen es 3,367 Millionen sein - das wären 1,1 Prozent weniger. Dabei soll | |
die Bevölkerung bis 2015 weiterhin leicht zunehmen, danach allerdings | |
langsam schrumpfen. Die Zahlen wären jedoch noch schlechter, so | |
Junge-Reyer, wenn nicht so viele Menschen - vor allem im Alter zwischen 18 | |
bis 35 Jahren - in die Stadt zögen. So habe Berlin 2005 insgesamt 7.000 | |
Bürger dazugewonnen, 2006 seien es sogar knapp 9.000 gewesen. Damit sei das | |
Land in beiden Jahren "stärker gewachsen als die Boomregion Rhein-Main, | |
2006 auch stärker als die Region Stuttgart", sagte die Senatorin. | |
Gleichzeitig betonte sie: "Wir können durch Zuzug ein positiveres Ergebnis | |
bekommen, aber nicht gegen den Trend der wenigen Geburten ankommen." | |
Immerhin sind die Geburten in Berlin in den vergangenen Jahren laut | |
Statistik wieder ganz leicht gestiegen. 2006 bekamen die Berlinerinnen im | |
Schnitt 1,212 Kinder, 2001 waren es noch 1,149. Der viel beschworene | |
Babyboom in manchen Stadtvierteln sei jedoch eine subjektive Beobachtung, | |
erklärte Toska Wiener, in der Senatsverwaltung zuständig für die | |
Bevölkerungsprognose. "In Prenzlauer Berg etwa leben einfach relativ viele | |
Frauen im gebärfähigen Alter." In der Gesamtstatistik wirke sich das jedoch | |
kaum aus. | |
Und so wird auch in Berlin - wie in Deutschland und im Rest Europas - das | |
Durchschnittsalter weitersteigen: von 42,4 Jahre auf 46,4 Jahre (2030). Zu | |
diesem Zeitpunkt werden in der Stadt rund 440.000 über 75-Jährige leben, | |
heute sind es lediglich 240.000. Und es werden wesentlich mehr Männer | |
darunter sein, da auch deren Lebenserwartung stärker steigt. "Früher sagte | |
man, das Alter ist arm und weiblich. Letzteres ist künftig nicht mehr so", | |
sagte Wiener. | |
Auch der Anteil der Passausländer wird sich laut Statistik von 13,9 Prozent | |
(2006) auf 16 Prozent im Jahr 2030 erhöhen. Wie hoch die Zahl der Menschen | |
mit Migrationshintergrund insgesamt sei, könne man allerdings nicht sagen, | |
so Junge-Reyer, da viele Menschen eingebürgert werden. | |
Woher die Ausländer in Zukunft kommen werden, die Berlin vor der langsamen | |
Verödung bewahren sollen, wissen die Statistiker nicht. "Das kann man nicht | |
vorhersagen. Eine große Krise irgendwo, und dann kommen sie, wie in den | |
90er-Jahren beim Jugoslawienkrieg", erklärte Jürgen Pfaffhausen vom | |
Statistischen Landesamt. Rückblickend sei jedoch feststellbar, dass 2006 | |
erstmals mehr Türken aus Berlin in die Türkei gegangen seien, als von dort | |
hierherkamen. Außerdem gebe es eine Zunahme der Zuwanderung aus den neuen | |
EU-Ländern Mittel- und Osteuropas. | |
Welche Konsequenzen die Politik aus der Bevölkerungsprognose ziehen wird, | |
bleibt vorerst offen: Bis Mitte 2007 werde man die Entwicklung | |
"kleinräumig" in den Stadtvierteln betrachten, bis Jahresende werde daraus | |
ein Demografiekonzept erarbeitet, sagte Junge-Reyer. Dann werde man konkret | |
sehen, "wo wir mehr an Infrastruktur brauchen und wo weniger". | |
14 Feb 2008 | |
## AUTOREN | |
Susanne Gannott | |
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Bevölkerungsentwicklung | |
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