# taz.de -- Urteil in VW-Affäre: Knast für Volkert | |
> Der Ex-Betriebsratschef muss wegen der VW-Affäre für zwei Jahre und neun | |
> Monate ins Gefängnis. Die Verteidigung kritisiert "Zwei-Klassen-Justiz" | |
Bild: Vermutlich der einzige, der wegen der VW-Affäre in den Knast wandert: Kl… | |
Der ehemalige VW-Betriebsratschef Klaus Volkert, einst wohl mächtigster | |
Betriebsratsvorsitzende der Republik, soll wegen der VW-Affäre ins | |
Gefängnis. Das Landgericht Braunschweig verurteilte den 65-Jährigen gestern | |
wegen Anstiftung und Beihilfe zur Untreue in 44 Fällen zu zwei Jahren und | |
neun Monaten Haft ohne Bewährung. Gegen den mitangeklagten Klaus-Joachim | |
Gebauer verhängte die Wirtschaftsstrafkammer wegen Untreue eine einjährige | |
Bewährungsstrafe. | |
Nach dem Urteil soll Volkert den ehemaligen VW-Personalvorstand Peter Hartz | |
zur Untreue angestiftet oder ihm dabei geholfen haben. Die gleiche | |
Strafkammer hatte Hartz wegen Anfang 2007 zu einer Bewährungsstrafe von | |
zwei Jahren verurteilt. Wichtigster Anklagepunkt waren in beiden Prozessen | |
die Sonderbonuszahlungen in Höhe von fast 2 Millionen Euro, die Volkert von | |
1995 bis 2005 auf Anweisung von Hartz von VW erhalten hatte. Diese | |
Zahlungen wurden in beiden Prozessen als schwere Untreue gewertet. | |
Anders als Hartz wurde Volkert gestern allerdings nur wegen Beihilfe zur | |
schweren Untreue verurteilt. Das Gericht ging davon aus, dass Volkert keine | |
Vermögensbetreuungspflicht für VW hatte und sah darin einen weiteren | |
Milderungsgrund. Die Richterin Gerstin Dreyer legte Volkert jedoch zur | |
Last, dass er anders als Hartz von allen angeklagten Taten persönlich | |
profitiert hat. Für die Vergünstigungen an den Betriebsratschef gab | |
Volkswagen über 2,6 Millionen Euro aus. | |
Volkert verließ das Gericht als freier Mann. Sein Verteidiger Johann | |
Schwenn kündigte umgehend Revision an: "Das ist ein krasser Fall von | |
Zweiklassenjustiz." Das Strafmaß sei im Vergleich zu Hartz "krass zu hoch" | |
und liege außerhalb des Rahmens, den das Gesetz dem Gericht eröffne. | |
Zufrieden äußerte sich die Staatsanwaltschaft. Die Anklage habe sich in den | |
wesentlichen rechtlichen Aspekten durchgesetzt, sagte der Sprecher der | |
Anklagebehörde. Allerdings will auch die Staatsanwaltschaft eine Revision | |
noch prüfen. | |
Seriöser grauer Anzug, kräftig rote Krawatte, das Gesicht in tiefe | |
mürrische Falten gelegt - so verfolgte der mittlerweile 65-jährige Volkert | |
fast reglos die eineinhalbstündige Urteilsbegründung. Als Anstiftung zur | |
einfachen Untreue wertete die Richterin private Reisen und Vergnügungen von | |
Volkert auf VW-Kosten im Gesamtwert von 236.000 Euro. Auch bei dem | |
"Agenturvertrag, über den Hartz und Volkert dessen brasilianischer Freundin | |
knapp 400.000 Euro zukommen ließen, sah die Richterin Volkert als Anstifter | |
von Hartz. | |
Nach den Worten von Richterin Dreyer erhielt Volkert schon 1992 von | |
Volkswagen ein Jahresgehalt von 150.000 Euro. In die dazugehörige | |
zweithöchste Gehaltsgruppe 35 von VW sei er bereits mit Blick auf seine | |
Funktion als Betriebsratsvorsitzender eingestuft worden, so die Richterin. | |
Dennoch verlangte Volkert dann 2004, als gerade die anderen | |
VW-Beschäftigten wegen der Viertagewoche auf knapp 20 Prozent ihres Gehalts | |
verzichteten, bei VW-Chef Ferdinand Piëch eine Gehaltserhöhung. Hartz | |
umging nach dem Urteil mit Hilfe der Bonuszahlungen die Kommission, die bei | |
VW für die Gehälter der Betriebsräte zuständig war. Die Auszahlung der Boni | |
wurde von Hartz telefonisch angewiesen. | |
22 Feb 2008 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Voges | |
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