Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Projekte: Köpi-Deal in trockenen Tüchern
> Das alternative Wohn- und Kulturprojekt Köpi in Mitte ist vorerst
> gerettet: Der Eigentümer hat mit den Bewohnern einen neuen Vertrag
> abgeschlossen.
Bild: Risikozone Köpi
Die Köpi-Bewohner können aufatmen: Das alternative Wohn- und Kulturprojekt
an der Köpenicker Straße 137 ist vorerst gerettet und wird nicht geräumt.
Wie Köpi-Anwalt Moritz Heusinger der taz mitteilte, wurde für das
Erdgeschoss und den Keller, in denen die Gemeinschaftsräume liegen,
erstmals ein Vertrag mit einer Laufzeit von 29 Jahren abgeschlossen. Die
seit Anfang der 90er-Jahre existierenden Mietverträge für die Wohnräume
liefen sowieso unbefristet, so Heusinger. Für den auf dem Nachbargrundstück
gelegenen Wagenplatz gebe es nun immerhin eine schriftliche
"Duldungsvereinbarung". Die auf den 31. Mai angesetzte Kündigung, gegen die
die Bewohner Klage eingereicht hatten, nahm der Eigentümer laut Anwalt
zurück.
Die Köpi wurde als eines der ersten Ostberliner Häuser im Februar 1990
besetzt. Das Projekt überstand wechselnde Verwaltungen, ein
Rückübertragungsverfahren, den Konkurs des zwischenzeitlichen Eigentümers
und zwei Zwangsversteigerungen, bei denen sich allerdings kein Käufer fand.
Potenziellen Interessenten war die Auseinandersetzung mit den Köpianern
wohl zu heikel, obgleich das Grundstück in begehrter Lage unweit der Spree
liegt. Bei einer dritten Zwangsversteigerung allerdings, die die
Gläubigerin Commerzbank im Mai 2007 angestrengt hatte, erwarb der
Geschäftsmann Besnik Fichtner das Haus Nr. 137 und angrenzende Grundstücke
für die Hälfte des Verkehrswerts.
Die Aufregung in der linksautonomen Szene steigerte sich noch, als bekannt
wurde, dass Fichtner das Geschäft offenbar als Strohmann des Berliner
Immobilienentwicklers Siegfried Nehls abgeschlossen hatte. Der wollte die
Köpi nach eigenem Bekunden abreißen und auf dem Areal Luxuswohnungen
errichten. Köpi-Bewohner und Sympathisanten schworen Widerstand; die
Berliner Polizei richtete sich auf Kopenhagener Verhältnisse ein. In der
dänischen Hauptstadt war es 2007 nach dem Abriss des ähnlich berühmten
"Ungdomshusets" zu tagelangen Krawallen gekommen.
Die nun bekannt gewordenen Vertragsabschlüsse bedeuten eine unerwartete
Wende in diesem ungewöhnlichen Fall. Das gilt umso mehr, als die
Konditionen des neuen Vertrags für die Gemeinschaftsräume ungefähr denen
der Wohnraummietverträge entsprechen. Aus dem Haus heißt es, die Bewohner
zahlten wegen zahlreicher Mietminderungen und Eigenleistungen bei der
Instandsetzung des Hauses durchschnittlich vier bis fünf Euro Miete pro
Monat und Person. Egal, welches Geschäftsmodell man hier zugrunde legt,
Profit lässt sich so nicht machen.
Neben Freude und Erleichterung über die Rettung herrscht daher unter den
Köpianern auch Misstrauen über Fichtners Motive. "Die genauen Beweggründe
weiß keiner", sagt ein Besetzer der ersten Stunde. Er vermutet ein
Zerwürfnis zwischen Fichtner und Nehls, aufgrund dessen Fichtner den Deal
mit der Köpi in Eigenregie abgeschlossen habe. "Er hat eigentlich nichts
davon."
Vermutungen über Fichtners Motive kann man allerdings anstellen. Anwalt
Heusinger berichtet, dass Fichtner wegen dem Kauf noch bei der Commerzbank
in der Kreide steht. "Ich weiß nicht, wie stark die Finanzkraft von
Fichtner ist", sagt Heusinger. Möglicherweise hat sich Fichtner also
verspekuliert und nicht mit dem langen Atem der Köpianer gerechnet. Sollte
er nun bald pleite gehen, so kann man mutmaßen, dürfte es ihm egal sein, ob
die Köpianer Mietverträge haben oder nicht.
In Fall einer Insolvenz könnte die Commerzbank aber aufs Neue eine
Zwangsversteigerung ansetzen. Am Dienstag wollte man sich dort nicht zu der
Sache äußern: Es handele sich um ein "laufendes Verfahren".
11 Mar 2008
## AUTOREN
Georg Fahrion
## TAGS
Köpi
## ARTIKEL ZUM THEMA
Linkes Zentrum in Berlin: Der Köpi droht der Verkauf
Das autonome Hausprojekt Köpi und ihr Wagenplatz sollen verkauft werden.
Der Bezirk Mitte hat die Bebauung der Freiflächen erlaubt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.