# taz.de -- Hauptlieferant Südafrika in der Krise: Es glänzt nicht alles, was… | |
> Südafrika war hundert Jahre lang das Goldförderland Nummer eins. Der | |
> Goldboom in Afrika bringt allerdings Probleme mit der Umwelt und der | |
> lokalen Bevölkerung mit sich. | |
Bild: Der Traum aller Goldschürfer: ein dicker Klumpen. | |
BERLIN taz Die Goldbranche boomt, aber der historisch wichtigste | |
Goldlieferant Südafrika steckt in der Krise. Erstmals seit 1905 war das | |
Land am Kap letztes Jahr nicht mehr der größte Goldproduzent der Welt - | |
China mit 272 Tonnen überholte Südafrika, das auf 254,7 Tonnen zurückfiel. | |
Der Trend in Südafrika ist weiterhin negativ, mit einem Einbruch von 16,5 | |
Prozent im Januar 2008 gegenüber dem Vorjahresmonat. | |
Südafrikas Goldminen, die einst vier Fünftel der Weltproduktion lieferten, | |
sind an ihre Kapazitätsgrenzen geraten: Viel tiefer als 3.000 Meter unter | |
der Erdoberfläche, wo es in den Stollen bereits 40 Grad heiß ist, können | |
sie nicht graben, und anders als zu Apartheidzeiten wollen die rund 200.000 | |
Bergleute in Südafrika heute anständigen Lohn und menschenwürdige | |
Unterkünfte. 2005 kam es zum ersten landesweiten Bergwerkerstreik in | |
Südafrikas Geschichte. Dieses Jahr mussten manche Minen Ende Januar ihren | |
Betrieb zeitweise ganz ohne Streik einstellen: Südafrika produziert dank | |
der Ausweitung seines Stromnetzes auf schwarze Armensiedlungen nicht mehr | |
genug Elektrizität für die energieintensive Gold- und Platinförderung. Ohne | |
Strom kommt keine Frischluft in die Stollen, Wasser kann nicht abgepumpt | |
werden und die Fahrstühle und Förderbänder liegen lahm. | |
So verschieben sich die Machtverhältnisse in der globalen Bergbauindustrie. | |
Längst expandieren Südafrikas Bergbaukonzerne in neue afrikanische | |
Förderländer: Ghana, Mali, Tansania, Kongo. In Südafrika stehen | |
Tochterunternehmen des Bergbaugiganten Anglo-American, der vor 100 Jahren | |
unter der mächtigen Familie Oppenheimer die Gold-, Diamanten- und | |
Kupferindustrie der Region begründete, an vorderster Front der | |
Regierungspolitik des "black empowerment", die den Aufbau einer schwarzen | |
Unternehmerschicht fördert. Anglo Gold, eine Filiale von Anglo-American, | |
fusionierte 2004 mit Ashanti Gold aus Ghana zum Unternehmen Anglo Gold | |
Ashanti, mittlerweile der zweitgrößte Goldproduzent der Welt und der | |
mächtigste multinationale Konzern aus Afrika. So ermöglicht die Beseitigung | |
von Ungerechtigkeiten der Apartheid den Aufbau eines gesamtafrikanischen | |
Kapitalismus, gegründet auf Gold. | |
Das geht nicht ohne Probleme ab, denn Goldförderung ist ein schmutziges | |
Geschäft - vor allem dort, wo sie nicht in industriellen Minen betrieben | |
wird, sondern im Tagebau oder gar von Goldwäschern, die in mühseliger | |
Kleinarbeit Erde aus Flussbetten waschen. Der Einsatz von Zyanid hat in den | |
Fördergebieten von Anglo Gold Ashanti in Ghana schwere Umweltschäden | |
angerichtet, berichtete das Hilfswerk "War On Want" letztes Jahr. Das | |
Umweltnetzwerk "FIAN" schreibt in einer neuen Untersuchung zu Ghanas | |
Goldbergbau, dass der Tagebau die Vertreibung von Bauern ohne angemessene | |
Entschädigung bedeute und die Trinkwasserversorgung der Anwohner gefährde. | |
Noch größer sind diese Probleme in der Demokratischen Republik Kongo. In | |
Kongos größter Goldkonzession um Mongbwalu im nordostkongolesischen | |
Distrikt Ituri, jahrelang Kriegsgebiet, arbeiten heute nach Konzernangaben | |
100.000 Schürfer - das Gebiet ist aber Anglo Gold Ashanti zugesprochen | |
worden, das sich den Kopf darüber zerbricht, wie man die Schürfer wieder | |
loswird. Die Goldminen Ostkongos sind zum Teil unter Kontrolle irregulärer | |
Milizen oder Soldaten, die damit Handel betreiben, aber der informelle | |
Handel mit Gold hält die Wirtschaft dieser kriegszerstörten Region am | |
Leben. Das ostkongolesische "Pole Institute" schätzte letztes Jahr, dass | |
2006 rund 20 Tonnen Gold im Wert von 200 Millionen Dollar aus dem Ostkongo | |
exportiert wurden, wovon 99 Prozent nicht in den offiziellen Statistiken | |
auftauchten. Ähnliche Dimensionen hat der Goldschmuggel aus Simbabwe. | |
Gold ist ebenso wie Diamanten hervorragend zum Schmuggel geeignet, denn | |
auch kleinste Mengen sind viel wert. "Jeder läuft mit Gold in der Tasche | |
herum", berichtet der Sozialwissenschaftler François Bura aus Ituri. "Aber | |
im Ausland läuft das im Untergrund. Man nutzt Schmuggelpfade, vertraut | |
einem geschmierten Grenzbeamten Päckchen an oder versteckt das Gold in | |
Kosmetikprodukten." | |
Bei Diamanten ist längst auf internationaler Ebene die Gefahr erkannt | |
worden, dass diese Art Handel Bürgerkriegsarmeen finanzieren kann. Ein | |
internationales Regelwerk, der "Kimberley-Prozess", sorgt seit 2003 dafür, | |
dass nur Diamanten mit staatlichen Herkunftsnachweisen in den legalen | |
Handel dürfen. Für Gold gibt es solche Regelwerke nicht. Und je höher der | |
Goldpreis steigt, desto größer der Anreiz für illegale Geschäfte damit. | |
DOMINIC JOHNSON | |
14 Mar 2008 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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