# taz.de -- Grünen-Politiker lehnt Olympia-Boykott ab: "Wir brauchen Sanktion … | |
> Omid Nouripour findet, der Zeitpunkt, über einen Boykott zu reden, ist | |
> längst verpasst. Er spricht sich stattdessen für wirtschaftlichen Druck | |
> auf den Gastgeber der Olympischen Spiele aus. | |
Bild: Noch sieht's nicht so aus, als ob das Olympiastadion in Peking so leer bl… | |
taz: Herr Nouripour, sind Sie für oder gegen einen Boykott der Olympischen | |
Spiele in China? | |
Omid Nouripour: Ein Boykott ist doch Quatsch. Die ganze Boykott-Debatte ist | |
so was von verlogen. | |
Warum verlogen? | |
Weil jetzt so getan wird, als hätte niemand vorher gewusst, dass in China | |
Menschenrechte verletzt, dass Dissidenten verhaftet werden, dass das Volk | |
der Uiguren und das Volk der Tibeter unterdrückt wird. | |
Sie übertreiben. Das wusste man schon bei der Entscheidung des | |
Internationalen Olympischen Kommitees, die Olympischen Spiele nach China zu | |
vergeben. | |
Eben. Der Zeitpunkt, ernsthaft über einen Boykott zu reden, wäre der Tag | |
der Entscheidung des IOC für China gewesen. Von da an war klar, dass an den | |
Olympischen Spielen 2008 Blut kleben wird. Aber das war dem IOC egal - und | |
auch den westlichen Ländern. Das IOC wollte neue Wirtschaftsmärkte | |
erschließen. Und dafür wurde ignoriert, dass Menschenrechte auch in der | |
olympischen Charta verankert sind. Ich sage Ihnen, wenn der Iran nicht 80, | |
sondern 800 Millionen Einwohner hätte, wenn der Iran eine aufstrebende | |
Wirtschaftsnation wäre, dann hätte auch der Iran kein Problem, die Spiele | |
zu bekommen. | |
Sie halten einen Boykott für verlogen. Wofür plädieren Sie dann? | |
Es gibt viel bessere Instrumente, China unter Druck zu setzen. | |
Welche meinen Sie? | |
Wenn man die Menschenrechte wirklich hochhalten und in China auch | |
durchsetzen will, dann muss man gegenüber China zu Handels- und | |
Wirtschaftssanktionen greifen. Das würde etwas bringen. | |
Das ist allerdings nicht durchsetzbar. | |
Aber die Diskussion wäre wenigstens ehrlicher. Wir müssen unsere | |
Wirtschafts- und Handelsbeziehungen überprüfen. Wir müssen überprüfen, ob | |
uns die Menschenrechte in dem Land wichtiger sind als der Bau der | |
Transrapid-Strecke zwischen Shanghai und Peking. Zur Zeit scheint in | |
Deutschland das Primat der Wirtschaft über dem Schutz der Menschenrechte zu | |
stehen. | |
Also: Den politischen Boykott wird's nicht geben. Sollten wenigstens die | |
Sportler während der Olympischen Spiele protestieren? | |
Das wäre gut, man kann sie aber nicht dazu verpflichten. Es gibt ja diese | |
Vorschläge, die Sportler könnten doch T-Shirts mit dem Slogan "Free Tibet" | |
anziehen. | |
Und? | |
Aber genau das ist das Heuchlerische: Die Sportler sollen jetzt das machen, | |
wozu die Politik nicht in der Lage ist. Das ist eine ein Abschieben der | |
Verantwortung seitens der Politik. | |
INTERVIEW: THILO KNOTT | |
20 Mar 2008 | |
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