# taz.de -- Asiens Wirtschaft ächzt: Die Preise heben ab | |
> Dollar-Krise und hohe Reispreise haben die Inflation in asiatischen | |
> Ländern auf Rekordwerte getrieben. Auch das ungebremste Wachstum fordert | |
> jetzt Opfer von der Bevölkerung. | |
Bild: Weltweit nimmt die Reisproduktion ab. | |
BERLIN taz Ob in China, Indien, Thailand oder Malaysia: Die Inflationsraten | |
der asiatischen Länder erreichen Rekordwerte. Wirtschaftsriese China hat | |
den Anstieg der Verbraucherpreise auf zuletzt 8,7 Prozent zur größten | |
wirtschaftlichen Gefahr des Landes erklärt, für deren Bekämpfung man sogar | |
das Wachstum drosseln will. Kaum ein Land trifft der Preisauftrieb für | |
Energie und Rohstoffe aber so wie Vietnam: Nach 15 Jahren relativer | |
Währungsstabilität liegt die Inflationsrate nun bei 15 Prozent. Die | |
Lebensmittelpreise sind innerhalb eines Jahres sogar um 25 Prozent | |
gestiegen, Benzin ist um 36 Prozent teurer geworden. Schuld daran sind aber | |
nicht nur globale Preissteigerungen - ein Teil der Inflation wird vom | |
Wachstum selbst verursacht. | |
Das Hauptnahrungsmittel Reis wird weltweit knapp, weil die globale | |
Reisproduktion nicht mit dem rasanten Bevölkerungswachstum Schritt halten | |
kann. Die Industrialisierung und Verstädterung in China, Vietnam, Indien | |
und Thailand hat zudem viele Flächen verschlungen, auf denen noch vor | |
wenigen Jahren Reis angebaut wurde. Jüngste Umweltprobleme etwa in Vietnam | |
führten zudem zu schlechten Ernten. In der Folge ist der Reispreis auf dem | |
Weltmarkt gestiegen. Experten sagen weitere Steigerungen um bis zu 40 | |
Prozent voraus. In Indien und Kambodscha verhängten die Regierungen ein | |
Reis-Exportverbot, um die Binnennachfrage zu decken und die Preisspirale zu | |
stoppen. In Thailand bedroht die Reisknappheit die Versorgung der 140.000 | |
Birma-Flüchtlinge. Auf den Philippinen hat die Regierung die Restaurants | |
aufgefordert, kleinere Reisportionen zu servieren. | |
Hinzu kommen die hausgemachten Gründe. Vietnam verzeichnet seit Jahren ein | |
Wirtschaftswachstum um die 8 Prozent, das allerdings kein nachhaltiges ist | |
und natürliche Ressourcen verbraucht. Das wird durch billige, qualitativ | |
schlechte Massenware für den Export erwirtschaftet, wie etwa Textilien, | |
Schuhe und Spielzeug. Diese Exporte sind an den US-Dollar gekoppelt. Doch | |
der stetig schwächer werdende Dollar schmälert die Erlöse für die | |
Billigwaren. Deshalb hat die Staatsbank Dollar aufgekauft. Das hält zwar | |
den Wechselkurs zwischen dem vietnamesischen Dong und dem Dollar stabil. | |
Der Kurs des Dong wird so aber künstlich niedrig gehalten und die Inflation | |
angeheizt. | |
Ein weiterer Motor für den Preisauftrieb ist das Heer an Immobilien- und | |
Aktienspekulanten, das sich während des anhaltenden Wachstums gebildet hat. | |
Über Jahre gehen nun die Aktienkurse und Immobilienpreise steil aufwärts. | |
Grundstücke werden in den Boomregionen heute zu Preisen gehandelt, die mit | |
denen von europäischen Großstädten vergleichbar sind. Allerdings stehen sie | |
in keinem Verhältnis zum Einkommen der Bevölkerung. Die Blase beginnt jetzt | |
zu platzen. Der Ho-Chi-Minh-Index ist bereits um mehr als die Hälfte | |
eingebrochen im Vergleich zu seinem Hoch vor knapp einem Jahr. | |
Noch ist die Unzufriedenheit über gestiegene Preise nicht bei der | |
städtischen Mittelschicht angekommen, die von den rasanten Wachstumsraten | |
der vergangenen eineinhalb Jahrzehnte profitiert. Leidtragende sind die | |
Industriearbeiter in den Industriegürteln rund um die großen Städte. Deren | |
Mindestlohn liegt bei 55 US-Dollar im Monat. Sie sind meist in den letzten | |
Jahren aus ländlichen Regionen eingewandert, hausen in Massenschlafsälen | |
und arbeiten unter oft unter menschenunwürdigen Bedingungen. Vietnams | |
Premier Nguyen Tan Dung, ein gelernter Banker, hat die Inflationskontrolle | |
in dieser Woche erstmals zum Top-Aufgabe der Regierung erklärt, aber | |
wachsen soll die Wirtschaft weiter wie bisher. Wie das gehen soll, bleibt | |
sein Geheimnis. | |
1 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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