# taz.de -- Radverkehr II: Neue Sicht auf Radfahrer | |
> Experten fordern mehr Fahrradspuren auf den Straßen. Radfahrer sollen | |
> nicht mehr auf die Gehwege abgeschoben werden. Dort sind sie zu wenig | |
> sichtbar. | |
Bild: AktivistInnen von Sand im Getriebe beim Protest gegen den „Autogipfel�… | |
Unvermittelt mündet der Radweg an der Kreuzung in den Straßenverkehr. Bis | |
hierher radeln Fahrradfahrer für den Straßenverkehr kaum sichtbar hinter | |
einer Reihe parkender Autos. An der Kreuzung tauchen sie plötzlich auf - | |
und werden häufig von Rechtsabbiegern übersehen. Laut Polizeistatistik | |
geschehen so die meisten Fahrradunfälle. Vor allem, wenn der Rechtsabbieger | |
ein Lkw ist. | |
Fahrradexperten fordern deshalb, die Radler nicht länger vom Autoverkehr | |
getrennt fahren zu lassen. Statt der Radwege auf dem Bürgersteig brauche | |
Berlin mehr Fahrradspuren direkt auf der Straße. "Dort werden Fahrradfahrer | |
besser gesehen als auf den Bürgersteigradwegen", sagt David Greve vom | |
Fahrradclub ADFC Berlin. | |
"Die herkömmlichen Radwege stammen aus dem Verkehrskonzept der 70er-Jahre", | |
sagt Benno Koch, Fahrradbeauftragter des Senats und ehemaliger | |
ADFC-Vorsitzender in Berlin. Der Senat befinde sich jedoch in einem | |
Lernprozess. 2004 beschloss er eine Radverkehrsstrategie. Seitdem kommen | |
laut Koch pro Jahr 10 Kilometer neue Fahrradspuren hinzu. Auf 80 der 5.500 | |
Kilometer Straßennetz in der Stadt können Radler auf einer eigenen Spur | |
direkt auf der Straße fahren. Dem gegenüber stehen 625 Kilometer | |
Bürgersteigradwege. Davon sind laut Koch aber nur 150 Kilometer | |
benutzungspflichtig. Der Rest ist in einem zu schlechten Zustand. | |
Immerhin gibt es 2008 im Haushalt erstmals einen Etat für die Sanierung von | |
Radverkehrswegen. An einigen Orten werden die alten Bürgersteigradwege | |
jetzt durch Fahrradspuren ersetzt. "Das geht allerdings nicht überall", | |
betont Koch. Die Fahrbahn brauche zum Beispiel eine ausreichende Breite. | |
Problematisch sind auch Parkstreifen am rechten Fahrbahnrand. "Gefährlich | |
wird es, wenn die Autotüren sich auf den Radweg öffnen", so Koch. Deshalb | |
müsse ausreichend Abstand von den parkenden Fahrzeugen für die Radfahrer | |
gesichert sein. | |
Sowohl der ADFC als auch der Umweltverband BUND sind insgesamt allerdings | |
zufrieden mit dem Radwegekonzept des Senats. "Unsere Liste mit Straßen, auf | |
denen wir Fahrradspuren brauchen, wird abgearbeitet", sagt der | |
BUND-Verkehrsreferent Martin Schleyer. Er fordert, sich nun auch um | |
problematischere Straßen zu kümmern - wie etwa den Tempelhofer Damm. Dort | |
verunglückte Anfang März ein 14-jähriges Mädchen tödlich (siehe oben). "In | |
den Straßen, wo der Platz für eine Fahrradspur knapp ist, sind wir gerade | |
erst in die Diskussion eingetreten", sagt Schleyer. | |
4 Millionen Euro gibt der Senat 2008 für Investitionen im Radverkehr aus - | |
1,5 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Davon ist eine Millionen für die | |
Sanierung alter Wege vorgesehen. Im Vergleich zu den Gesamtausgaben im | |
Straßenverkehr ist die Summe dennoch gering. Letztere betrugen 2006 256,8 | |
Millionen Euro. "Das Budget ist nach wie vor zu gering, wenn wir den Anteil | |
des Fahrradverkehrs auf 15 Prozent erhöhen wollen", sagt Koch. Bisher liegt | |
dieser bei rund 12 Prozent. LISA THORMÄHLEN | |
6 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Lisa Thormählen | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimagerechtigkeit | |
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