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# taz.de -- Reaktion auf westliche Kritik: Chinas verletzter Stolz
> Während sich die Chinesen über westliche Proteste beim Fackellauf
> empören, reagiert das olympische Organisationskomitee in Peking
> systemlogisch.
Bild: So hat die Präsentation des olympischen Feuers auszusehen: Chinas Olympi…
PEKING taz Mit den massiven Störungen des olympischen Fackellaufs in Europa
hat China nicht gerechnet. Die "Klarstellung" von Jiang Yu, Sprecherin des
chinesischen Außenministeriums, am Dienstag morgen wirkte fast verzweifelt.
"Die Berichte westlicher Medien über ein erzwungenes Löschen der
olympischen Fackel in Paris sind falsch", so Jiang.
Dann wiederholte die Sprecherin Anschuldigungen Pekings gegen "einige
wenige tibetische Separatisten", welche mit den Störaktionen den Geist
Olympias entweiht hätten. Die Forderungen des Dalai Lama nach
Gewaltlosigkeit bezeichnete das Außenministerium erneut als Lüge. Am Montag
hatte die offizielle Nachrichtenagentur Xinhua die Proteste in der
britischen Hauptstadt als "Sabotage" verurteilt.
Am Sonntag und Montag hatten Menschenrechtsaktivisten in London und Paris
mehrmals versucht die olympische Fackel den Trägern zu entreißen oder zu
löschen. Die Sicherheitsbehörden drückten die Demonstranten zu Boden und
änderten die Route kurzfristig. In der französischen Hauptstadt musste die
Polizei die Flamme zwei Mal löschen und zum Schutz in einem Bus
unterbringen.
Trotz der Zwischenfälle will Peking an dem ursprünglichen Reiseplan des
olympischen Feuers festhalten. "Der reibungslose Ablauf des Fackellaufes
wird nicht gestoppt und er wird auf jeden Fall ein Erfolg", sagte die
Medienchefin des Olympischen Organisationskomitees Peking (BOCOG), Wang
Hui. China will das olympische Feuer auf die spektakulärste Reise in seiner
Geschichte schicken: in 130 Tagen tragen 21.888 Fackelträger das Feuer
insgesamt 137.000 Kilometer durch 134 Städte in 20 Staaten auf allen fünf
Kontinenten. Mitte Juni soll die Fackel auch durch die Autonome Region
Tibet sowie die ebenfalls von Unruhen erschütterten Provinzen Qinghai und
Gansu getragen werden.
Die chinesischen Medien verschwiegen die Proteste in Europa nicht. Sie
waren um ein harmonisches Bild bemüht. Neben Fotos von jubelnden
Landsleuten am Rande der Fackelstrecke betonte Chinas Presse die gute
Zusammenarbeit mit den britischen und französischen Behörden bei dem
Zurückdrängen der Aktivisten. Die französische und britische Bevölkerung
fand nicht nur als Unruhestifter, sondern auch mit differenzierten Stimmen
Erwähnung.
China hat selbst mehr Fragen als Antworten bezüglich der Protestaktionen in
London und Paris. "Was für eine Botschaft wollen die Aktivisten und die
westlichen Medien den Chinesen vermitteln?", fragte Qu Yingpu, Sprecher des
olympischen Fackellaufs und Vize-Herausgeber der englischsprachigen Zeitung
China-Daily in einem Kommentar. Das Signal an die chinesische Regierung ist
eindeutig: "Ändert eure Tibet-Politik". Aber auf die chinesische
Bevölkerung wirken die Attacken auf das olympische Feuer wie Versuche, die
Freunde vieler Chinesen am sportlichen Großereignis ebenfalls auszulöschen.
Die ansonsten so gesprächigen und kein Blatt vor den Mund nehmenden
Pekinger schweigen oder senken den Kopf, wenn man sie auf den Straßen nach
den Fackelprotesten fragt. Bezeichnend auch, dass die meist eindeutig
nationalistische Internetgemeinde neben aggressiven Verteufelungen der
Franzosen, Racheschwüren und Boykottaufrufen auch mit Ratlosigkeit
reagiert. "Warum boykottiert uns die ganze Welt, kann mir das einer
erklären?", schreibt ein Blogger namens "Die 80er wegwischen" im
Diskussionsforum Tianya. "Sehr gut, fragt nach den Gründen und schimpft
nicht nur", antwortet der Nutzer "Dizzy 21" und schickt hinterher, "aber
ich kann es auch nicht richtig erklären." "Warum, warum nur?", schließen
sich fünf weitere Blogger an.
Das BOCOG reagiert auf die anhaltenden Proteste im In- und Ausland mit
einer ungewöhnlichen Maßnahme. Man werde Demonstrationszonen in der Nähe
des "Olympic Green" einzurichten, gab Li Zhanjun von der Medienabteilung
des Organisationskomitees bekannt. Auf dem rund 17 Hektar großen Areal im
Norden Beijings befinden sich die meisten Wettkampfstätten, Quartiere der
Sportler und das Pressezentrum. "Es ist noch nicht entschieden ob es auch
eine Zone für internationale Demonstranten geben wird", sagte Li. So oder
so ist dies eine kleine Revolution in einem Land, wo Proteste bis dato nur
auf Auftrag möglich sind und in der Regel nicht gestattet werden.
9 Apr 2008
## AUTOREN
Kristin Kupfer
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