# taz.de -- Prozess gegen rechte Terrorgruppe: V-Mann fühlt sich getäuscht | |
> Prozess gegen die verbotene Nazi-Kameradschaft "Sturm 34" in Dresden: Vor | |
> Gericht steht auch ein 40-Jähriger, der als Informant für den | |
> Staatsschutz wirkte. | |
Bild: Wohl kein V-Mann: Tom W., einer der fünf Angeklagten im Dresdener Prozes… | |
DRESDEN taz Mit einer fragilen Anklagekonstruktion hat am Donnerstag vor | |
dem Landgericht Dresden der Prozess gegen mutmaßliche Rädelsführer der | |
paramilitärischen Nazi-Kameradschaft "Sturm 34" begonnen. Den fünf | |
Angeklagten wird Bildung einer kriminellen Vereinigung, gefährliche | |
Körperverletzung, Volksverhetzung und Landfriedensbruch vorgeworfen. Unter | |
ihnen befindet sich allerdings auch der 40-jährige Matthias R., der | |
unbestritten wenige Tage nach Gründung von "Sturm 34" Anfang März 2006 als | |
Informant des Staatsschutzes tätig wurde. Ob er zuvor bereits als V-Mann in | |
der Vorläuferorganisation "Division Sächsischer Sturm" aktiv war, ist noch | |
offen. | |
"Sturm 34" erwarb sich durch organisierte Überfälle seiner bis zu 50 | |
Mitglieder im Raum Mittweida und Mittelsachsen bald einen üblen Ruf. Ziel, | |
so die Anklage, sei die Herrschaft in einer "National befreiten Zone" | |
gewesen. Erst im April 2007 verbot Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo | |
(CDU) die rechte Terrorgruppe. Matthias R. war bereits im Juli 2006 | |
enttarnt worden, angeblich durch einen zweiten Informanten. Aus einem | |
Zeugenschutzprogramm stieg er wegen unzumutbarer Umstände wie der Trennung | |
von seiner Lebensgefährtin bald wieder aus. Vom Staatsschutz in Chemnitz | |
fühlt er sich betrogen und im Stich gelassen, denn seit Juli des Vorjahres | |
muss er trotz Zuarbeit eine zweijährige Haftstrafe absitzen. Hilfe suchend | |
hatte er sich deshalb an den Petitionsausschuss des Landtages gewandt. | |
Während das Innenministerium konsequent schweigt, hat Justizminister Geerth | |
Mackenroth (CDU) die Informantentätigkeit von R. indirekt bestätigt. | |
Alle Verteidiger wollten deshalb bis zur Klärung von R.s Doppelrolle das | |
Verfahren aussetzen. Damit steht und fällt ähnlich wie beim gescheiterten | |
NPD-Verbotsverfahren die Verwertbarkeit seiner Aussagen. R.s Verteidiger | |
Uwe Hoffmann bestätigte auf Anfrage, dass unter diesen Umständen ein | |
Verfahren gar nicht hätte eröffnet werden dürfen. Er kündigte "zu gegebener | |
Zeit" eine Erklärung seines Mandanten an, die den Prozess schnell beenden | |
könnte. | |
Der Vorsitzende Richter Schultze-Griebler lehnte eine Aussetzung jedoch ab | |
und versprach, im Verfahren R.s Rolle zu klären, "so unangenehm das für | |
andere Behörden auch sein mag". Staatsanwältin Beatrice Baumann hatte zuvor | |
versichert, die Prozessakten, in denen Hinweise auf einen V-Mann fehlen, | |
seien auf der Basis der vom Staatsschutz gemachten Angaben vollständig. | |
Unstrittig sind aber Kontakte zwischen Baumann und Verteidiger Hoffmann | |
über eine denkbare Kronzeugenregelung für den Fall einer umfassenden | |
Aussage. Die NPD nutzt derweil die Gunst der Stunde und spricht von | |
"staatlich inszenierter Gruppenbildung". | |
10 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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