# taz.de -- Presse-Überwachung in Russland: Mit dem Wachmann aufs Klo | |
> So funktioniert Berichterstattung an Putins Hof: Im russischen "Weißen | |
> Haus" dürfen Journalisten nicht mehr unbewacht aufs Klo. Geht's noch? | |
Bild: Du bist nicht allein... | |
Für Journalisten wirft die Ernennung des scheidenden russischen | |
Staatspräsidenten Wladimir Putin zum Regierungschef im kommenden Monat | |
schon jetzt ihre Schatten voraus: Seit Anfang dieser Woche haben | |
akkreditierte Pressevertreter keinen freien Zugang mehr zum "Weißen Haus", | |
dem Sitz der russischen Regierung. Fortan dürfen sie lediglich den | |
wöchentlichen Pressekonferenzen, offiziellen Pressebriefings sowie | |
protokollarischen Terminen mit Regierungsvertretern im Pressezentrum | |
beiwohnen. Vom Eingang bis zum Pressezentrum werden sie von Beamten des | |
Kreml-Wachdienstes begleitet - was ebenfalls dräut, wenn sie die Toiletten | |
benutzen wollen. | |
Bislang galten diese verschärften Regelungen, die aus dem Kreml bereits | |
hinlänglich bekannt sind, nur für Mitarbeiter von elektronischen Medien. | |
Journalisten hingegen konnten sich, mit Ausnahme in den Amtsräumen des | |
Regierungschefs, täglich außer sonntags tagsüber frei im Weißen Haus | |
bewegen. Nicht selten fanden dabei auch informelle Gespräche bzw. ein | |
Informationsaustausch mit Mitarbeitern in den Korridoren oder | |
Beamtenkantinen statt. | |
Genau das aber sollen die neuen Vorschriften unterbinden. Dennoch | |
entblödete sich der Pressedienst der Regierung nicht, der Öffentlichkeit | |
den wachsenden Kontrollwahn als Perfektionierung seiner Arbeitsweise zu | |
verkaufen. Um die Medien vollständiger, effektiver und zuverlässiger mit | |
Informationen über die Arbeit der russischen Regierung versorgen zu können, | |
würde der Pressedienst eine neue Dienstleistung anbieten. | |
Künftig würden alle offiziellen Mitteilungen per Fax oder E-Mail an die | |
Redaktionen verschickt bzw. seien auf der Homepage der Regierung | |
einzusehen. Dummerweise waren sie da schon vorher nachzulesen, wie die | |
Tageszeitung Kommersant giftig anmerkte, aber gleichzeitig hervorhob, dass | |
ab jetzt ja immerhin ein diensthabender Pressesprecher an Arbeitstagen | |
zwischen 9 und 20 Uhr telefonisch zur Verfügung stehen soll. | |
Vera Kusnezowa erklärt die jüngsten Winkelzüge mit dem Umzug der | |
Kremlmannschaft ins Weiße Haus und dem Bemühen, die journalistische Arbeit | |
zu filtern. "Einen Filter soll es geben, aber nicht so einen strengen", | |
zitiert der Kommersant die Reporterin der Zeitung Vremja Nowostjej. Und | |
Igor Naumow, Mitarbeiter der Nezawissimaja Gazeta, meint: "Jetzt entzieht | |
sich die Regierung endgültig der Kontrolle ihrer Arbeit, die die | |
Journalisten bislang ausgeübt haben." BARBARA OERTEL | |
12 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
Barbara Oertel | |
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Iwan Golunow | |
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