# taz.de -- Nach Berlusconis Wahlsieg: Nur noch vier Fraktionen | |
> Italiens Parteienlandschaft ist kräftig geschrumpft, die Wählerschaft | |
> deutlich nach rechts gerückt. Massiv verloren hat vor allem die radikale | |
> Linke. | |
Bild: Neben dem Rechtsruck steht als zweites Resultat eine radikale Vereinfachu… | |
ROM taz Am Ende ist es ein Sieg geworden, wie ihn nur Berufsoptimist Silvio | |
Berlusconi sich selbst in Aussicht hat stellen können. Neun Prozentpunkte | |
Vorsprung für seinen Rechtsblock gegenüber der gemäßigten Linken Walter | |
Veltronis, eine satte Mehrheit im Abgeordnetenhaus, etwa 30 Sitze Vorsprung | |
auch im Senat: Dies war akkurat Silvios Prognose in den letzten Tagen vor | |
der Wahl gewesen. | |
Hinter diesem eindeutigen Resultat steht ein deutlicher Rechtsruck quer | |
durch die italienische Wählerschaft. Walter Veltronis Demokratische Partei | |
(DP) blieb mit ihren gut 33 Prozent unter der selbst gesetzten Erfolgshürde | |
von 35 Prozent, verteidigte aber auf den ersten Blick ihre Position | |
gegenüber den Wahlen von 2006. Doch bei näherem Hinsehen wird deutlich, | |
dass vor allem das selbstgesetzte Ziel verfehlt wurde, per Gründung der | |
Demokratischen Partei im letzten Herbst und dann per Kandidatur ohne die | |
bisherigen Bündnispartner von der radikalen Linken die eigene Attraktivität | |
in der politischen Mitte zu erhöhen. Das Gegenteil passierte: Veltroni | |
erreichte sein Resultat bloß, weil er und die einzige mit seiner DP | |
verbündete Partei "Italien der Werte" massiv von bisherigen Wählern der | |
radikalen Linken profitierten. | |
Deren Einheitsliste "Die Linke - der Regenbogen" erlebte ein wahres | |
Waterloo. Hatten die zwei Kommunistischen Parteien und die Grünen bei den | |
Wahlen von 2006 noch insgesamt 10,2 Prozent geholt, so stürzte ihre | |
Einheitsliste jetzt auf katastrophale 3 Prozent ab und wird angesichts der | |
Vierprozenthürde im Abgeordnetenhaus und der Achtprozenthürde im Senat | |
keinen einzigen Parlamentarier mehr stellen. Selbst Berlusconi-Leute wie | |
der designierte Schatzminister Giulio Tremonti äußerten ihr Bedauern | |
darüber, dass - erstmals seit 1945 - Kommunisten nicht mehr vertreten sein | |
werden. Völlig in den Sternen steht nun die Zukunft der Linken. Das | |
anlässlich der Wahlen nolens volens angeschobene Einigungsprojekt könnte | |
bald schon ein schnelles Ende erleben. Die kleinere KP, die "Partei der | |
Italienischen Kommunisten", hat die Listengemeinschaft direkt nach dem | |
Debakel schon wieder gekündigt. | |
Mit einem blauen Auge kam dagegen die christdemokratische UDC unter | |
Pierferdinando Casini davon. Casini, seit 1994 immer treu an der Seite | |
Berlusconis, hatte sich geweigert, seine UDC in der neuen | |
Berlusconi-Sammelpartei "Volk der Freiheit" aufzulösen, und war jetzt | |
erstmals ohne Koalitionspakt mit Berlusconi bei einer Wahl angetreten. Ihr | |
oberste Ziel - das politische Überleben aus eigener Kraft - konnte die UDC | |
nun erreichen; gegenüber den Wahlen von 2006 gab sie nur 1 Prozent ab. | |
Unterm Strich gewann nur die Rechte. Berlusconis Rechnung, mit der | |
Hauruck-Gründung seines "Volks der Freiheit" eine rechte 40-Prozent-Partei | |
zu schaffen, ging voll auf. Aufgegangen ist auch die Rechnung der | |
verbündeten Lega Nord, im wirtschaftlich gebeutelten Norden ihre Position | |
auszubauen. | |
Neben dem Rechtsruck steht als zweites Resultat eine radikale Vereinfachung | |
der italienischen Parteienlandschaft: Nur noch vier Fraktionen werden im | |
Parlament sitzen. Für Berlusconi heißt das: Er hat diesmal nicht die | |
Ausrede, zerstrittene Koalitionspartner hinderten ihn an der Ausübung | |
seiner Regierungsgeschäfte. Er selbst kündigte an, er sei nun "ein anderer" | |
als noch 2001, er wolle nun "als Staatsmann in die Geschichte eingehen", | |
und er wiederholte im Wahlkampf gemachte Angebote an das Veltroni-Lager. | |
Davon will jedoch Umberto Bossis Lega Nord nichts wissen: Sie erklärte, die | |
Regierungsmehrheit brauche die Opposition nicht. | |
16 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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