# taz.de -- Umstrittener Ministerkandidat in Thüringen: Ein Mann fürs Nationa… | |
> Vor zehn Jahren war er Redakteur der rechten "Jungen Freiheit", nun nennt | |
> er sie "anerkanntes Medium": Peter Krause soll in Thüringen | |
> Kultusminister werden. | |
Bild: "Mehr Patriotismus wagen": CDU-Kandidat Peter Krause mag Provokation | |
"Wissen Sie denn über diese Zeit Bescheid? Haben Sie überhaupt etwas | |
gelesen?", fragt Peter Krause. Er telefoniere nicht mit jedem. "Aber wenn | |
sie von der taz sind." Schließlich hatte Krause 2004 gesagt, er fände es | |
spannend, einmal für die taz zu schreiben. Und als er 1998 bei der Jungen | |
Freiheit als Redakteur einstieg, habe ihm sozusagen "eine taz von rechts | |
vorgeschwebt", erklärt er nun. | |
Dass Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) Krause zum | |
Kultusminister beruft, löst bundesweite Proteste aus. Nicht nur, weil er | |
für die Rechtspostille gearbeitet, sondern auch, weil er sie letzte Woche | |
gelobt hat: "Die Junge Freiheit hat eine Entwicklung durchgemacht, in der | |
sie zu einem anerkannten Medium in der Presselandschaft geworden ist." | |
Berührungsängste hat der 44-Jährige offenbar mit niemandem. Reklamiere er | |
einen Diskurs um jeden Preis? Nein, antwortet er, aber die einzige Schranke | |
setze die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Innerhalb derer müsse | |
die gesamte Bandbreite zugelassen sein, "so, wie es auch eine Jungle World | |
und Stasi-IMs in unserem Landtag gibt". Sein Freiheitsbegriff wurzele in | |
der deutschen Romantik. Rasterdenken in einer "Schubladengesellschaft", wie | |
sie ihm jetzt begegne, schließe dieser Freiheitsbegriff aus. | |
Die etwas bemüht wirkende Beschränkung auf die Legalität des | |
grundgesetzlich Möglichen kollidiert mit einem anderen Charakterzug. | |
Nonkonformismus, Provokation, Rebellion um jeden Preis. Auf die Frage nach | |
einem anarchistischen Zug kommt ein spontanes "Ja". Für jemanden, der schon | |
mit der DDR-Obrigkeit massiv kollidierte, ist eine solche Kontinuität nicht | |
untypisch. In der Kritik an "sich verselbstständigenden ökonomischen | |
Prozessen", nachzulesen in der JF, und an einer als satt und inhaltsleer | |
empfundenen West-Gesellschaft bekommt sogar sein DDR-Urteil verteidigende | |
Züge. Das Leben in der späten DDR sei "unverkrampft" gewesen, schreibt er | |
1998 in einer Analyse der Sachsen-Anhalt-Wahl, die der DVU mehr als 13 | |
Prozent Stimmen brachten: "Die Szenen in den verfallenden Städten dachten | |
frischer, kreativer und zugleich substanzieller als die müde Schickeria im | |
Westen." | |
Erstaunlich für jemanden, der in der DDR nicht werden konnte, was er | |
wollte. Zunächst wurde Krause Facharbeiter für Bergbautechnologie. Ein am | |
17. Juni 1988 gestellter Ausreiseantrag des damals 24-Jährigen bewirkte | |
seinen Rausschmiss aus dem "Roten Kloster", der DDR-Journalistenschule in | |
Leipzig, und aus der Redaktion des Thüringer Tageblatts, damals Zeitung des | |
CDU-Bezirksverbandes Erfurt. Erst die Kerzenrevolution 1989 eröffnete | |
Entwicklungsmöglichkeiten. Literatur- und Geschichtsstudium in Berlin und | |
München, 1999 Promotion zur Rhetorik von Friedrich Schlegel. Ein Jahr stieg | |
er als Mitarbeiter bei der Weimarer CDU-Bundestagsabgeordneten Vera | |
Lengsfeld ein. | |
Krauses Arbeit bei der Jungen Freiheit kochte erst im Landtagswahlkampf | |
2004 hoch. Er gewann dennoch ein Direktmandat. In den Jahren darauf habe er | |
sich im Stadtrat Weimar und im Landtag fast ausschließlich kulturpolitisch | |
engagiert, erinnert sich der im damals unterlegene Dirk Möller von der | |
Linken. | |
Ums Nationale geht es Krause: In einer Broschüre der Landtagsfraktion | |
fordert er von der CDU, sie solle "mehr Patriotismus wagen". Auch in der | |
Jungen Freiheit lässt er neben der Auseinandersetzung mit der DVU und einer | |
ideologisierten Rechten Genugtuung über eine "starke sozial-nationale | |
Grundstimmung" in der Jugend erkennen. | |
Für die Junge Freiheit, sagt er, habe er eigentlich "kritische | |
DDR-Intellektuelle sammeln" wollen. Daran und an dem auch dort spürbaren | |
Lagerdenken sei sein Wunsch nach dem großen Diskurs gescheitert. Wie man | |
als Anarchist Kultusminister werden könne? "Das wird schwierig", räumt | |
Krause ein. Aber nach seinen Erfahrungen mit dem Erfolg "ehrlichen | |
Auftretens" an Schulen habe ihn der Regierungschef wohl gerade deshalb | |
gerufen. | |
27 Apr 2008 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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