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# taz.de -- Tempelhofs Zukunft: Sinkflug und Neustart
> Nach dem Volksentscheid ist klar: Der Flughafen Tempelhof bereitet sich
> auf die letzte Landung am 30. Oktober 2008 vor. Und mögliche Nachnutzer
> wie das Filmstudio Babelsberg stehen bereit.
Bild: Tolle Kulisse: Historische Flieger in Tempelhof bei Dreharbieten für den…
Wenn selbst der Chef keinen Bock mehr auf seinen Laden hat, wird es Zeit,
die Umzugskisten auszupacken. Rainer Schwarz ist der Chef der drei Berliner
Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld - und am Tag nach dem
Volksentscheid hat er Tempelhof schon einmal innerlich gekündigt. Dass der
innerstädtische Airport nach dem Votum vom Sonntag jetzt endgültig
dichtgemacht werden kann, geht für Schwarz völlig in Ordnung.
Wirtschaftlich rentabel und auch zukunftsfähig fand der Flughafenvorstand
Tempelhof nie. Sein Ziel heißt Schönefeld. Und das hat Schwarz nun vor
Augen: "Das Scheitern des Volksentscheids gibt uns nun die Chance, die
Debatte mehr als bisher auf das wichtigste Zukunftsprojekt zu
konzentrieren: unseren neuen Flughafen BBI." Tempelhof ist für den
Flughafenchef endgültig Geschichte.
Ihre Sachen packen müssen bis spätestens 30. Oktober 2008 - dem letzten
Betriebstag von Tempelhof - somit auch die Handvoll Fluggesellschaften vor
Ort. Rund 300 Starts und Landungen kleinerer Flugzeuge gibt es derzeit noch
pro Woche, täglich schlagen dabei knapp 1.000 Passagiere in Tempelhof auf.
Zu vermuten ist, dass es bis zum Herbst noch viel weniger werden. So
schätzt es jedenfalls die Berliner Flughafen Gesellschaft ein. Das sinkende
Schiff wird verlassen.
Cirrus Airlines und die Lufthansa lassen noch offen, ob sie vorzeitig ihre
Zelte abbrechen werden und ob sie nach Tegel ausweichen oder gleich nach
Schönefeld umziehen wollen. Die Fluggesellschaft habe den Volksentscheid
abwarten wollen und werde sich jetzt "neu orientieren", erklärt eine
Mitarbeiterin von Cirrus.
Intersky, die nach Friedrichshafen fliegt, wird sich dagegen wohl für eine
Konzession in Schönefeld bewerben. Ebenso Brussels Airlines, die derzeit
mit den meisten Verkehr in Tempelhof verursachen. Allen Fluggesellschaften
ist nun klar, dass es endgültig vorbei ist. Ihr eigener Versuch, die
Schließung gerichtlich anzufechten, war schon im vorigen Jahr mit der
Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gescheitert.
Im steten Sinkflug befinden sich auch weitere Firmen im Airportgebäude. Die
Autovermieter Sixt, Hertz, Avis und Europcar werden ihre Filialen wohl noch
vor dem letzten Flugtag schließen. Offen ist, wann die Nutzer der großen
Büro- und Gewerbetrakte - Dekra, eine Berufsakademie und ein
Kleinkunsttheater - ihre Räume verlassen müssen. Ihre Verträge werden
überprüft, wenn sicher ist, was aus Tempelhof wird.
Es hat in der Vergangenheit zwar nicht wenige, aber doch überwiegend vage
Vorschläge zur Nachnutzung des 380 Hektar großen Areals mit dem 1.200 Meter
langen Flughafengebäude aus der Nazizeit 1934 gegeben. Auch war der Vorwurf
laut geworden, der rot-rote Senat habe sich zu wenig um ein Konzept für die
Zeit nach der Schließung Tempelhofs gekümmert. Und bis auf Pläne für eine
ringförmige Bebauung, die zentrale Grünfläche und die Nutzung des
Flughafengebäudes durch die "Kreativwirtschaft" liegt tatsächlich nichts
auf dem Tisch.
Umso handfester ist der Vorstoß der Studio Babelsberg AG, die den Ort zu
einem hochkarätigen "Filmstandort" ausbauen will. Der Chef des Film- und
Fernsehstudios, Carl Woebcken, hat sein Interesse am Bauwerk erneuert.
"Tempelhof soll der dritte Filmstandort in der Hauptstadtregion neben
Potsdam-Babelsberg und Berlin-Adlershof werden." Zwei frühere
Flugzeughangars will er zu Filmateliers umbauen, da das Babelsberger
Gelände aus allen Nähten platze. Ein dritter Hangar könnte für den
Kulissenbau genutzt werden. Hinzu kämme die Nutzung einer Vielzahl von
Büros für die Produktionen und Filmfirmen.
Klaus Wowereit gefällt dieses Zukunftsbild für Tempelhof. "Es gibt das
Interesse der Betreiber von Babelsberg", bestätigte er am Montag. Er
"persönlich" halte die Babelsberg-Initiative "für gut", trat aber noch
etwas auf die Bremse. Das Gebäude werde zunächst einmal offiziell zur
Vermietung ausgeschrieben. Theoretisch könne ja ein Interessent das gesamte
Gebäude mieten.
Was kaum geschehen dürfte. Das gigantische Flughafenensemble gleicht zum
Teil einer Ruine und müsste aufwendig saniert werden. Zudem, betont Berlins
Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer, soll "das unter
Denkmalschutz stehende Gebäude seinen architektonischen Charakter
vollständig bewahren". Ein Umbau kommt also schwerlich infrage - was man
auch als Vorlage für die Filmkulisse lesen kann.
29 Apr 2008
## AUTOREN
Rolf Lautenschläger
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