# taz.de -- 1. Mai-Krawalle in Hamburg: "Sonst hätte es sicher Tote gegeben" | |
> Bei den Auseinandersetzungen zwischen Autonomen und Neonazis | |
> in Hamburg hätte es Tote geben können, sagt die Polizei. Die Randalierer | |
> seien von auswärts gekommen. | |
Bild: Hundertschaften zum Schutz der rechtsextremen Demo: 1. Mai in Hamburg | |
BERLIN taz Für die Hamburger Polizei ist die Sache klar: Die Krawalle, zu | |
denen es am 1. Mai im Stadtteil Barmbek am Rande der Demonstration gegen | |
den Neonaziaufmarsch und in der Nacht im Schanzenviertel kam, waren | |
importiert. Nur 15 der 59 Festgenommenen kommen nach Polizeiangaben aus | |
Hamburg. "Die meisten kommen aus den neuen Bundesländern und sind | |
Jugendliche", sagte Polizeipräsident Werner Jantosch am Freitag. "Die haben | |
es spannend gefunden, sich in Hamburg zu treffen und sich mit der Polizei | |
und den Nazis zu prügeln." | |
Mehr als 10.000 Menschen demonstrierten am 1. Mai gegen einen | |
Neonaziaufmarsch in Barmbek. Dazu aufgerufen hatte ein breites Spektrum von | |
Antifa, Autonomen, Parteien, Gewerkschaften und Kirchen. Das Novum: Das | |
Oberverwaltungsgericht genehmigte am Vorabend eine Demoroute direkt durch | |
den Arbeiterbezirk, was die Polizei zuvor verweigert hatte. Dadurch konnten | |
viele Menschen in die Nähe des Versammlungsorts der Rechten an einem | |
S-Bahnhof gelangen. | |
Zunächst agierte jedoch die rechte Gewalt. "Die rechte Seite zeigte kein | |
legalistisches Verhalten", sagte Jantosch und betonte: "Das kennen wir so | |
hier nicht." Einsatzleiter Peter Born wurde noch deutlicher: "In den Reihen | |
herrschte ein enorm hohes Gewaltpotenzial." Schon vorher waren "Autonome | |
Nationalisten" massiv auf Gegendemonstranten losgegangen. "Auf Stichwort | |
schlugen diese auf Linksautonome ein", sagt Born. Äußerlich seien beide | |
Gruppen kaum zu unterscheiden gewesen. "Die Polizei musste sich | |
dazwischenschmeißen, sonst hätte es sicher Tote gegeben", so Born. | |
Die Polizei hatte dann ein weiteres Problem: Da militante Linke Autoreifen | |
auf den S-Bahn-Gleisen angezündet hatten, hatte die Bundespolizei den | |
Bahnverkehr vorübergehend eingestellt. "Die haben schlichtweg den Strom | |
nicht wieder angekriegt", sagte Born. "Ich hatte das banale Problem: Wie | |
krieg ich die wieder weg?" Deshalb habe man sich dazu entschlossen, den Weg | |
mit Wasserwerfern und einem Räumpanzer zum nächsten Bahnhof frei zu räumen, | |
wohl wissend, dass sich militante Antifas dem entgegenstellen würden - was | |
dann auch tatsächlich passierte. Dass am Rande des Geschehens mehrere Autos | |
von Besuchern des Stadtparks angezündet wurden, hatte hingegen wenig mit | |
den Kerngeschehen zu tun. "Der Mob hat sich ausgetobt", sagte Jantosch | |
dazu. | |
Auch die nächtliche Randale im Szenestadtteil Schanzenviertel im Verlauf | |
eines Antifa-Konzerts im autonomen Stadtteilzentrum Rote Flora unter dem | |
Motto "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen" hatte nichts mit autonomer | |
Politik zu tun. Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei flogen Steine auf | |
die Einsatzkräfte, und bei einem anschließenden Katz-und-Maus-Spiel mit der | |
Polizei gingen 20 Müllcontainer und zwei Autos in Flammen auf. "Die Leute | |
von der Roten Flora haben noch versucht, beruhigend einzuwirken", so | |
Einsatzleiter Born. "Das Konzert war auch völlig friedlich." Ein Rotflorist | |
bestätigt: "Wir hatten auf den Scheiß keinen Bock." | |
Bei der Anreise gelang es etwa 60 Neonazis, zwei Waggons eines Regionalzugs | |
in Beschlag zu nehmen und sich der Lautsprecheranlage zu bemächtigen. Dabei | |
grölten sie: "Ab heute transportiert die Deutsche Bahn AG Ausländer und | |
Deutsche getrennt." Für Ausländer stünden "Güterwagen zur Verfügung". | |
2 May 2008 | |
## AUTOREN | |
P. Müller | |
A. Speit | |
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