Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Entschädigung für Lacrosse-Spieler: Profiteure eines Irrtums
> Von angeblichen Vergewaltigern zu Topfavoriten: Wie ein Skandal um Sex
> und Rassismus die Lacrosse-Meisterschaft beeinflusst.
Bild: Matt Danowski ist einer der fünf Lacrosse-Spieler, die ein Jahr länger …
Es hätte anders kommen können. Sie könnten noch vor Gericht stehen. Oder
schon im Gefängnis sitzen, anstatt Lacrosse zu spielen. Sie könnten
verfolgt werden von Paparazzi, die Zukunft ungewiss, ein schrecklicher
Vorwurf im Raum - anstatt auf den Sportseiten in den Schlagzeilen zu sein
als großer Favorit auf die College-Meisterschaft. Es hätte auch anders
kommen können. Ganz anders. So sah es jedenfalls aus, damals.
Damals, das war das Frühjahr 2006. Eine schwarze Stripperin zeigte drei
weiße Spieler des Lacrosse-Teams der Duke University an, sie wäre von ihnen
bei einer Mannschaftsparty vergewaltigt worden. Sex, Rassismus, arrogante
Sportstars, ein neuerlicher Eklat im eh schon skandalumwitterten
College-Sport: Die Geschichte war ein Traum für die Journaille, und nicht
nur für die vom Boulevard. Die Spekulationen wuchsen ins Kraut, der Campus
in Durham, North Carolina, war von Medien belagert, die Hysterie wuchs mit
jedem Tag. Die drei verdächtigen Spieler wurden verhaftet, andere erhielten
Todesdrohungen. An den Wänden in Durham tauchten Poster im Layout von
Steckbriefen auf, darauf die Namen und Porträtfotos des gesamten
Lacrosse-Teams.
Die Universität entließ den Trainer und zog die Mannschaft mitten in der
Saison aus dem laufenden Spielbetrieb zurück. Es war fraglich, ob in Durham
jemals wieder Lacrosse gespielt werden würde. Mancher forderte gar, den
gesamten College-Spitzensport abzuschaffen.
Heute, zwei Jahre später, steht Duke im Viertelfinale der
College-Meisterschaft und ist überwältigender Favorit auf den Titel. Nur
ein einziges Spiel hat man im Laufe der Saison verloren, die Siege wurden
souverän und im Schnitt mit mehr als acht Toren Differenz eingefahren. Und
das ist auch eine Folge des Skandals.
Denn die Vorwürfe erwiesen sich als falsch, die Vergewaltigung als
erfunden. Es gab wohl rassistische Ausfälle, aber der Fall kam nie vor
Gericht, stattdessen wurde ein allzu übereifriger Staatsanwalt verurteilt.
Doch das Kind war in den Brunnen gefallen, die Polizei von North Carolina,
die Medien der USA hatten ihr Sebnitz erlebt.
Die Universität beantragte daraufhin eine Verlängerung der
Spielberechtigung für alle Mitglieder des vorverurteilten Lacrosse-Teams.
Überraschenderweise gab die College-Sport-Verwaltung NCAA dem statt: Fünf
der wichtigsten Spieler stehen nun schon im fünften Jahr im Team - statt
der üblichen vier Jahre, die man eigentlich nur an der Uni Sport treiben
darf. Darunter auch Matt Danowski, Sohn des neuen Trainers und vor einem
Jahr zum besten Spieler im College-Lacrosse gewählt.
Die Konkurrenz ist nicht begeistert von der Extrawurst für die renommierte
Universität. "Nichts gegen die Jungs an der Duke", sagte Dom Starsia, der
Trainer der ebenfalls im Viertelfinale stehenden University of Virginia,
"aber die NCAA hat sich offensichtlich keine Gedanken gemacht, welche
sportlichen Folgen ihre Entscheidung haben könnte." Die Mannschaft von Duke
sei, fasst Starsia das Grummeln der Konkurrenz zusammen, "auch aufgrund
ihrer ungewöhnlichen Erfahrung" die mit Abstand beste in diesem Jahr.
Das, kontert man beim Favoriten, sei ja nun einfach nur fair. Schließlich
hätten gute Spieler wegen des Skandals das College an der Ostküste
verlassen und neue Talente, die sich bereits für Duke entschieden hatten,
ihre Zusage zurückgezogen. "Das haben wir uns verdient", sagt trotzig Tony
McDevitt, einer der Profiteure der Ausnahmeregelung. "Wir hätten das lieber
auch in vier Jahren abgewickelt", ergänzt Trainer John Danowski, "aber
meinen Jungs wurde zu Unrecht etwas weggenommen." So gesehen ist nun also
alles gekommen, wie es kommen musste.
14 May 2008
## AUTOREN
Thomas Winkler
Thomas Winkler
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Lacrosse wird olympisch: Pocket, Stick – und Respekt
US-Präsident Biden fordert, dass bei Olympia 2028 in L.A. ein Team der
„Haudenosaunee Nationals“ antritt. Doch das IOC sperrt sich.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.