# taz.de -- Überleben in Berlin (1): Der Habicht: Der Vogel, der sich Tauben k… | |
> Die Großstadt verdrängt viele Tier- und Pflanzenarten. Andere gewöhnen | |
> sich an den Trubel - und lassen sich hier nieder. Parallel zur | |
> Biodiversitäts-Konferenz der Vereinten Nationen in Bonn stellt die taz | |
> einige bemerkenswerte Berliner vor. | |
Bild: Gibt es den Habicht demnächst nur noch in ausgestopfter Version? | |
Der Habicht lebt von der Überraschung. Wenn graue Tauben schwerfällig über | |
den Asphalt hüpfen und nach ein paar Essensresten picken, schlägt er zu. | |
Ganz plötzlich taucht er hinter einer Hecke oder Mauer auf und stürzt sich | |
auf sein Opfer. Während die anderen Tauben aufflattern und in der Luft zu | |
kreisen beginnen, hält der Habicht das erbeutete Tier fest. Seine Füße sind | |
sein Jagdwerkzeug: Er hat starke Zehen und lange, scharfe Krallen, die er | |
der Taube ins Gefieder bohrt. "Der Habicht erdolcht seine Beute | |
buchstäblich", sagt Rainer Altenkamp, Greifvogelexperte vom Naturschutzbund | |
(Nabu). | |
Ein blutiges Schauspiel, das in Berlin immer häufiger zu beobachten ist. | |
"80 Brutpaare gibt es im Land inzwischen", schätzt Altenkamp. Bis vor 25 | |
Jahren hätten sich die Greifvögel vor allem in den Forsten aufgehalten. | |
Inzwischen seien sie in der ganzen Stadt flächendeckend vertreten - ein | |
Beispiel also, wie sich Arten hierzulande wieder ausbreiten können. "Der | |
Greifvogel hat eine tolle Anpassung gemacht", sagt Klemens Steiof, | |
zuständig für Artenschutz bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. | |
Früher mied der Vogel den Menschen, weil der ihn jagte. Denn Habichte | |
schnappten sich hin und wieder ein Huhn - und zogen so den Ärger auf sich. | |
Inzwischen ist der Greifvogel streng geschützt. Er hat die Scheu vor den | |
Menschen nach und nach verloren, traut sich immer weiter in die Städte | |
hinein. Und stellt fest, dass es sich dort recht locker leben lässt. Auch | |
dank der vielen Tauben: Sie sind für die Habichte ein gefundenes Fressen. | |
"Auf 100 Quadratkilometer in Brandenburg kommen vier bis fünf | |
Greifvogel-Paare, in Berlin sind es wegen des guten Nahrungsangebots | |
inzwischen doppelt so viele", sagt Altenkamp. | |
Zudem gehen die Berliner pfleglich mit den Tieren um. Die Greifvögel würden | |
hier nicht illegal verfolgt, wie das in den Flächenländern häufig der Fall | |
sei, sagt Steiof. Auch Altenkamp glaubt: "Für viele Tauben- und | |
Hühnerzüchter im Umland gilt leider noch immer: Nur ein toter Habicht ist | |
ein guter Habicht." | |
Die wenigsten Berliner dagegen halten Geflügel - und lassen die Tiere | |
folglich in Ruhe. Inzwischen hat in jeder größeren Parkanlage, in jedem | |
weitläufigen Friedhof ein Habichtpaar seinen Horst. Man erkennt die | |
Greifvögel an ihren eher kurzen Flügeln. Die erwachsenen Tiere tragen ein | |
helles Gefieder auf der Brust. Die Augenfarbe changiert von gelb bis | |
kirschrot. Habichte werden maximal 18 Jahre alt, die meisten aber sterben | |
jünger. | |
Wie bei anderen Greifvögeln geben die Weibchen den Ton an. Sie sind größer | |
und schwerer als ihre Partner. Laut Altenkamp kommt ein Habicht-Weibchen | |
auf rund 1.200 Gramm, die Männchen nur auf 750 Gramm. "Männchen legen sich | |
deshalb niemals mit einem Weibchen an", sagt der Nabu-Experte. Der Harmonie | |
tut die Dominanz der Frauen offenbar gut: Die Partner bleiben sich in der | |
Regel ein Leben lang treu. | |
Die Ausbreitung des Habichts in der Stadt freut die Naturschützer, für die | |
kleineren Vögel jedoch dürfte sie Anlass zur Sorge sein. Sowohl die Tauben | |
als auch Amseln und Elstern müssen die scharfen Krallen fürchten. Sie haben | |
mit dem Greifvogel einen neuen Feind in der Nachbarschaft. | |
Teil 2 am Dienstag: der Heldbock | |
17 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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