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# taz.de -- Sabotageverdacht im schwedischen AKW: Sicherheitslücken bei Eon
> Verdacht auf Sprengstoffanschlag, Reaktor abgeschaltet: im schwedischen
> AKW Oskarshamm wurden Arbeiter mit Sprengstoffspuren festgenommen. Wie
> konnte es soweit kommen?
Bild: Schlechte Kontrollen im AKW Oskarshamm.
STOCKHOLM taz Zur Abwechslung muss sich nun einmal nicht Vattenfall,
sondern Eon Fragen wegen der Sicherheit seiner schwedischen Atomreaktoren
stellen lassen. Nur purem Zufall ist es nämlich zu verdanken, dass man auf
die beiden seit Mittwoch unter Sabotageverdacht festgenommenen Männer
aufmerksam geworden war. Die AKW-Betreiberfirma OKG, die im gemeinsamen
Eigentum von Eon und der finnischen Fortum steht, verstösst nämlich als
einziger schwedischer AKW-Betreiber gegen seit Anfang dieses Jahres
geltende verschärfte Sicherheitsvorschriften.
Seither besteht die Verpflichtung lückenloser Zugangskontrollen. In
Oskarshamn beschränkt man sich, was Sprengstoffscanner angeht, aber
weiterhin auf blosse Stichprobenkontrollen. Weshalb die beiden verdächtigen
Arbeiter auch tagelang auf Sprengstoffe unkontrolliert das Gelände betreten
und sich danach in zwei von drei Reaktorgebäuden relativ frei bewegen
konnten. Bemängelt hatte diese Sicherheitslücke die staatliche
Atomaufsichtsbehörde SKI bereits vor dem jetzigen Vorfall. Für den Fall,
dass OKG die Eingangskontrollen nicht spätestens bis zum 15. Dezember
entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen nachgebessert haben sollte,
hatte SKI eine Verfügung mit Bussgeldandrohung in Höhe von einer Million
Kronen (umgerechnet ca. 110.000 Euro) und jeweils weitere 100.000 Kronen
pro Woche einer weiteren Verzögerung gegen OKG verhängt.
OKG hatte demgegenüber sogar eine Fristverlängerung bis 2010 für die
Einführung der gesetzlichen Eingangskontrollen beantragt. Man wollte die
erforderlichen Investitionen für u.a. den Bau eines neuen Absperrzauns auf
die lange Bank schieben und im Zusammenhang mit sowieso geplanten
Umbaumassnahmen vornehmen. Ein positives Bild auf das bei den Eigentümern
Eon und Fortum herrschende Sicherheitsdenken wirft dies ganz sicher nicht.
„Ich will nicht sagen, dass die Sicherheit dort jetzt schlecht ist", sagt
SKI-Informations-beauftragter Mattias Jönsson: „Aber es kann einiges
verbessert werden." SKI-Inspektor Stig Isaksson wird deutlicher: „Ist eine
Kontrolle nicht hundertprozentig, ist das natürlich immer schlechter. Alle
anderen Kernkraftwerke sind den Vorschriften ja auch gefolgt."
Überhaupt hat man in Schweden erst relativ spät auf die Gefahren, die von
AKW's als möglichen Anschlagszielen ausgehen können, reagiert. Erst
aufgrund einer Ermahnung seitens der IAEA wurde in den letzten Jahren damit
begonnen, die vorher weithin nur von einem einfachen Drahtzaun umzäumten
AKW's zusätzlich zumindest streckenweise mit Barrieren aus Stein und Beton
zu sichern. In Oskarshamn sind diese Arbeiten erst im Anfangs- und
teilweise noch im Projektstadium und sollen bis 2010 abgeschlossen sein.
2006 hatte ein Umweltgericht gefordert, die Betriebsgenehmigung für
Schwedens Reaktoren von der dauernden Anwesenheit einer gegen mögliche
Terrorattacken geschulten Spezialtruppe abhängig zu machen. Die Regierung
hatte eine solche Bedingung wegen Unvereinbarkeit mit der geltenden
Gesetzgebung abgelehnt. Private Wachgesellschaften stehen nun für den
Objektschutz. Wie ungeschützt ein AKW in Oskarshamn tatsächlich ist, zeigte
auch der Sprengstofffund vom Mittwoch. Es dauerte ganze acht Stunden, bis
eine Spezialeinheit der Polizei vor Ort war und mit der Durchsuchung des
Reaktorgeländes auf mögliche Sprengstoffe überhaupt erst beginnen konnte.
Unklar war am Donnerstag nach wie vor, wie ernst der Sprengstofffund war.
Bei fortbestehendem Tatverdacht wurden die beiden Festgenommenen auf freien
Fuss gesetzt. Reaktor 1 des AKW's war am Mittwochabend heruntergefahren
worden, nachdem klar wurde, dass die beiden Verdächtigen sich auch dort
aufgehalten haben konnten. Eine Durchsuchung sollte nach Abkühlung des
Reaktors am Donnerstagabend beginnen.
22 May 2008
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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