# taz.de -- Soderberghs Film über Che Guevara in Cannes: Vier Stunden Langewei… | |
> Steven Soderberghs zweiteiliger Film über Ernesto "Che" Guevara hat zwar | |
> ein Konzept. Überzeugen kann er trotzdem nicht. | |
Bild: Benicio Del Toro als Che. | |
Von Steven Soderberghs Film über Ernesto "Che" Guevara hieß es noch im | |
April, er werde nicht rechtzeitig für den Wettbewerb von Cannes fertig. Bis | |
Weihnachten dauerten die Dreharbeiten; vier, fünf Monate für die | |
Postproduktion bieten wenig Spielraum - umso weniger, als es sich um einen | |
viereinhalbstündigen Film handelt. Bei der Pressevorführung am Mittwoch war | |
der Film tatsächlich noch nicht ganz fertig. Der Abspann fehlte. | |
"Che" hat eine lange Geschichte. Die Idee entstand 1999, als der | |
Schauspieler Benicio Del Toro, die Produzentin Laura Bickford und Steven | |
Soderbergh an "Traffic" arbeiteten. Terrence Malick wollte die Regie | |
besorgen. Er sprang 2004 ab, um "The New World" zu drehen. Soderbergh, der | |
ursprünglich nur produzieren wollte, übernahm den Posten, änderte aber das | |
Konzept. Statt eines zweistündigen Films über Guevaras Guerillakampf in | |
Bolivien strebte er einen dreistündigen Film an, in dem auch die kubanische | |
Revolution vorkommen sollte. Weil US-amerikanische Studios den Stoff | |
mieden, arbeitete die Produktionsfirma Wild Bunch mit dem spanischen | |
Fernsehsender Telecinco zusammen. Das Ergebnis, der zweiteilige Film mit | |
Benicio Del Toro in der Hauptrolle, hat über 70 Millionen Dollar gekostet. | |
Man kann nicht sagen, dass dieses Geld verbrannt worden wäre. Immerhin | |
sieht "Che" gut aus. Wie der Kameramann Peter Andrews mit seiner | |
RED-Kamera, einem neuen Typus von Digitalkamera, umgeht, ist beeindruckend. | |
Was außerdem für "Che" spricht: Soderbergh hat ein klar erkennbares | |
Konzept. Im ersten Teil kämpft Guevara 1958 und 1959 auf Kuba gegen die | |
Diktatur Batistas. Im zweiten Teil unternimmt er die gleichen Dinge wie im | |
ersten, nur eben acht Jahre später in Bolivien. Er trainiert Guerilleros, | |
zieht mit ihnen durchs waldige Gelände, liefert sich Scharmützel mit | |
Soldaten, agitiert und unterrichtet die Campesinos. Doch statt dem Triumph | |
geht er diesmal dem Verderben entgegen. "Che 1" hat Züge einer | |
Hagiographie; "Che 2" zeigt den Guerillero als jemanden, der falsche | |
Entscheidungen trifft und damit nicht nur sein, sondern auch das Leben | |
anderer Menschen vergeudet. Der erste Film ist wie ein nach oben fliegender | |
Pfeil, der zweite wie ein nach unten schießender. Doch um viereinhalb | |
Stunden Filmzeit zu tragen, ist dieses Konzept zu einfältig - zumal | |
Soderbergh nicht so weit geht, den Helden zu demontieren. | |
"Che" steckt auf halbem Weg fest. Der Film singt kein Hohelied auf Guevara, | |
aber um die heiklen Punkte in dessen Biografie mag er sich nicht kümmern. | |
Was macht der Mann 1965 im Kongo? Soderbergh verrät es nicht. Wie ist sein | |
Verhältnis zu Castro nach 1959? Und trägt Guevara dazu bei, dass das | |
hoffnungsfrohe Kuba von 1959 binnen kurzer Zeit sein Gesicht wandelt? Der | |
Film hat kein Interesse, es herauszufinden. Er arbeitet strikt | |
antipsychologisch, was großartig wäre, wenn nur irgendetwas anderes das | |
Vakuum füllte. "Che" ist, was die Vita der Hauptfigur ganz sicher nicht | |
war: langweilig. | |
22 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Cristina Nord | |
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