# taz.de -- Architektur: Barenboim will es machen | |
> Architekturwettbewerb entschieden: Staatsoper soll modernen Zuschauerraum | |
> bekommen. Jury kürt Klaus Roth zum Sieger.Traditionalisten laufen Amok | |
Bild: So modern wie umstritten: Der Entwurf für den sanierten Zuschauerraum de… | |
Berlin blüht ein neuer Architekturstreit. Anlass, über historische oder | |
moderne Bauweise zu streiten - ähnlich wie bei der Schlossrekonstruktion -, | |
ist diesmal der Umbau der Staatsoper Unter den Linden. | |
Nach einem Bauwettbewerb der Berliner Opernstiftung hat am Donnerstag die | |
Jury den Architekten Klaus Roth samt seinem modernen Beitrag zur | |
Neugestaltung des Zuschauersaals zum Gewinner erklärt. Roths Pläne sehen | |
einen völlig neuen Innenraum aus Beton, Messing und Holz vor, der | |
schwungvoll in rote und weiße Farben getaucht ist. Die Ränge sind steil | |
angelegt, die Decke bekrönen konzentrische Ringe, der Raum soll nach | |
neuesten akustischen Maßstäben gestaltet werden. | |
Als die Opernstiftung sowie der Juryvorsitzende Peter Kulka den | |
Siegerentwurf vorstellten, kam es noch bei der Präsentation zu | |
Auseinandersetzungen zwischen "Modernisten" und "Traditionalisten". | |
Friedrich Dieckmann, Publizist und entschiedener Gegner moderner | |
Architektur, polterte gegen Roth und den Jurypräsidenten. Die Vorstellung, | |
dass der jetzige neobarocke Innenraum von Richard Paulick aus dem Jahr 1955 | |
fallen sollte, "bedeutet die Zerstörung eines Kulturerbes", nörgelte er. | |
Zuvor hatten sich bereits Architekten und insbesondere der Opernförderer | |
Peter Dussmann kritisch gegenüber der Neufassung des Zuschauerraums | |
ausgesprochen. Diese soll im Rahmen der 250 Millionen Euro teuren | |
Opernsanierung ab 2010 stattfinden. | |
Dussmann, der die Umbauten mit 30 Millionen Euro unterstützt, plädierte für | |
eine historische Rekonstruktion. Der Entwurf von Roth dagegen stehe in der | |
Tradition eines "abstrakten Nachkriegsfunktionalismus" und sehe "nach | |
nichts aus". Die Staatsoper sei ein "deutsches Nationaldenkmal", so | |
Dussmann, der im Falle eines Roth-Umbaus mit dem Rückzug der Förderung | |
drohte. | |
Dem gegenüber verteidigten Roth, Kulka und auch Stiftungschef Stefan | |
Rosinski den Entwurf. Die Jury habe den "herausragenden Entwurf ausgewählt, | |
weil er das Innere des Bühnenhauses in einen Klangkörper verwandelt", so | |
Kulka. Roth bringe nicht nur eine "klare, wunderbare" Architektursprache, | |
sondern auch eine moderne Akustik ins Haus. Dies sei bei einer | |
Rekonstruktion Paulicks nicht möglich. Die Erweiterung des Saals auf 1.400 | |
Plätze und die Erhöhung der Decke bringe mehr Klangvolumen mit sich. | |
Auch Rosinski plädierte für eine Neugestaltung, von dem die äußere | |
historische Hülle unangetastet bliebe. Der Stiftungsdirektor will nun in | |
Gesprächen mit den Beteiligten (Land Berlin, Bund, Förderer und Nutzer) | |
über die Realisierung des Entwurfs beraten. Einer hat sich schon | |
entschieden, nämlich Daniel Barenboim. Er sagte: "Das machen wir". | |
23 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Rolf Lautenschläger | |
## TAGS | |
Daniel Barenboim | |
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